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       # taz.de -- Sven Giegold zur Zukunft von Ceta: „Gabriel hat Kopfnüsse bekommen“
       
       > Karlsruhe sagt „Ja, aber“, das Regionalparlament der Wallonie sagt
       > „Nein“. Der EU-Grüne Sven Giegold über das EU-Freihandelsabkommen mit
       > Kanada.
       
   IMG Bild: Sigmar Gabriel in Karlsruhe
       
       taz: Herr Giegold, das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt. Wie geht es
       nun weiter mit Ceta? 
       
       Sven Giegold: Die Verfassungsrichter haben ein salomonisches Urteil
       gefällt. Sie legen Europa nicht lahm, aber sie sichern auch die Kompetenzen
       der Bundesrepublik. Karlsruhe hebt sich damit wohltuend doppelt ab: Von
       Europa-Fans, die im Interesse schneller Entscheidungen in die Kompetenzen
       nationaler Parlamente eingreifen wollen, aber auch von antieuropäischen
       Ceta-Kritikern. Das Gericht hat Anforderungen formuliert, die
       vollumfänglich eingelöst werden müssen.
       
       Was muss Deutschland nun tun? 
       
       Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel muss nun bei den Anforderungen aus
       Karlsruhe liefern. Das gilt vor allem für die vorläufige Anwendung von
       Ceta, die Deutschland nun auch alleine aufheben darf. Gabriel hat ein paar
       Kopfnüsse aus Karlsruhe bekommen. Ob und wie er das schafft, das ist sein
       Problem. Übrigens sind auch die Anforderungen des SPD-Konvents noch nicht
       umgesetzt. Da geht es vor allem um die Beschränkung der Schiedsgerichte für
       Investoren und um die kommunale Daseinsvorsorge. Bisher ist die
       Protokollerklärung zu Ceta dazu noch viel zu vage. Nach dem letzten Entwurf
       kann Gabriel Ceta nicht unterzeichnen – sonst wird es sehr peinlich für ihn
       und seine Partei.
       
       Und die EU? 
       
       Die Protokollerklärung muss überarbeitet werden, die geplante vorläufige
       Anwendung von Ceta muss rückholbar sein, auch für einen Einzelstaat wie
       Deutschland. Eine solche Rückholbarkeit hat es wohl noch nie gegeben – ich
       bin gespannt, wie das nun umgesetzt wird. Allgemeiner gesagt sollte die EU
       nun endlich die Konsequenzen aus dem Streit und den breiten Protesten der
       letzten Jahre ziehen. Ceta ist ein übergriffiger Vertrag, der tief in
       Demokratie und Rechtsstaat eingreift. Aus meiner Sicht wäre es daher am
       besten, das Abkommen neu zu verhandeln.
       
       In der kommenden Woche soll der EU-Handelsministerrat Ceta absegnen. Was
       passiert, wenn Belgien wie sich jetzt abzeichnet nicht mitspielt? 
       
       Da es sich um ein gemischtes Abkommen handelt, wäre das Verfahren dann
       normalerweise aufgehalten. Die entscheidende Frage ist jedoch, ob sich die
       Politiker über die nationalen Parteien und Institutionen hinwegsetzen. Wird
       das Nein der Wallonie von Belgien übergangen? Ich bin kein Jurist und schon
       gar kein belgischer und weiß das daher nicht, aber natürlich muss man das
       befürchten. Der Druck scheint gigantisch zu sein. Ceta wird wieder einmal
       als alternativlos bezeichnet, dabei gibt es nicht nur eine mögliche
       Handelspolitik. Den Handel nur von Bürokratie zu befreien ist eben nicht
       gewünscht. 
       
       Was passiert im Europaparlament? Kann es Ceta noch kippen? 
       
       Zunächst mal passiert viel zu wenig im Europaparlament! Ceta wird dort
       völlig unnötig im Eilverfahren ins Plenum gebracht. Die Fachausschüsse
       dürfen keine Stellungnahmen abgeben, die dann in den Hauptbericht
       einfließen würden. Auch wir im Wirtschaftsausschuss dürfen nur noch Ja oder
       Nein sagen. Von einer ausführlichen Beratung, wie sie Bernd Lange von der
       SPD (der Vorsitzende des Handelsauschusses, die Red.) versprochen hat, kann
       deshalb keine Rede sein. Als Abgeordneter fühle ich mich meiner Rechte
       beraubt. Sozialdemokraten und Christdemokraten haben gemeinsam dafür
       gesorgt, dass es nicht zu einer starken Parlamentsbeteiligung kommt.
       
       14 Oct 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
   DIR Sven Giegold
       
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