URI: 
       # taz.de -- Comic Con in Berlin: Mummenschanz der Teenies
       
       > Echte Waffen verboten: Tausende in schönste Schale geworfene Comic- und
       > Fantasy-Fans tummeln sich auf der ersten Comic Con in Berlin.
       
   IMG Bild: Besucherinnen haben sich als Aradia Megido (l. und r.) und Harley Quinn verkleidet
       
       Auch für Sailor Moon, Prinz Zuko und Elben gilt die Menschwürde auf der
       ersten Berliner Comic Con, die am Wochenende auf dem Messegelände
       stattfand. Klar, wer sich verkleidet wie ein Fabelwesen oder eine Figur aus
       seinem Lieblingsmanga – wie das beim sogenannten Cosplay üblich ist – will
       vielleicht begafft oder zu einem gemeinsamen Selfie eingeladen werden,
       dabei aber nicht gleich die Selbstbestimmung verlieren. „Cosplayer sind
       kein Freiwild“, wird man auf dem Messegelände informiert, „fragt nach dem
       Foto.“
       
       Und noch auf etwas anderes wird man gleich am Eingang zu der Veranstaltung
       hingewiesen: Bitte keine echten Waffen. Beruhigend zu wissen, dass all die
       Schnellfeuerpistolen, Schwerter und Armbrüste, die auf dem Messegelände
       stolz umhergetragen wurden, nur Imitate sind.
       
       ## Stars der Popkultur
       
       Comic Cons kommen aus den USA, wo sie längst weit mehr sind als eine
       Fanveranstaltung für Comic- und Fantasyfans: Es ist ein perfekter Anlass,
       sich jenseits von Halloween oder Karneval möglichst abgefahren zu
       verkleiden. Und so gerät ein Blick auf das Publikum – 20.000 waren es am
       ersten Tag, dem Samstag – zum Streifzug durch die Popkultur der vergangenen
       Jahrzehnte. Jack Sparrow, Star-Wars-Sturmtruppen, Edward mit den
       Scherenhänden, zig Harry Potters – alle sind sie hier. Einer hat sich sogar
       in ein opulentes Alien-Kostüm aus Hartplastik gezwängt und sieht damit
       durchaus angsteinflößend aus.
       
       Die beiden 17-jährigen Linda aus Hamburg und Katja aus Greifswald sind
       extra nach Berlin gekommen, um mit ihrer ortsansässigen Freundin Pia die
       Messe zu besuchen. Linda und Katja sind aufwendig geschminkt, tragen
       Perücken mit bunten Hörnern drauf. Sie sind beide Aradia Megido, ein Wesen
       aus einem Manga, während Pia Harley Quinn darstellt, eine Figur aus dem
       Batman-Universum.
       
       Die drei genießen das bunte Treiben in vollen Zügen, sie sind am Samstag
       hier und am Sonntag gleich noch einmal. Und sie sind echte Fans. Linda hat
       sich bereits ein Autogramm von Don Rosa geholt, dem berühmten
       Disney-Zeichner, für das sie allerdings bezahlen musste. Pia würde bestimmt
       eine Locke aus ihrer blonden Perücke geben für ein Autogramm von Billie
       Piper, Darstellerin in der Science-Fiction-Serie „Dr. Who“. Aber 60 Euro
       sind ihr dann doch zu viel Geld für den Spaß.
       
       Dennoch scheint das Geschäft mit den Autogrammen zu brummen. 20 Stars und
       Sternchen wurden geladen; sie sitzen da und schreiben wie am Fließband
       Autogramme oder posieren für ein Foto gegen Bares. Selbst Christopher
       Lambert, in den Achtzigern immerhin mal ein echter Weltstar, verdient so
       inzwischen seine Brötchen. Der Mann hat in seinem Leben jede Menge
       Filmrollen verkörpert. Auf der Berliner Comic Con ist er jedoch nur der
       unsterbliche Ritter aus dem Fantasystreifen „Highlander.“
       
       Müde hebt er für jedes Foto neu sein Highlander-Schwert, trägt dazu Jeans
       und Brille und wirkt maximal gelangweilt, um wahrscheinlich auch aus
       Selbstachtung für alle sichtbar zu signalisieren: Ich mach diesen Quatsch
       wirklich nur wegen der Kohle.
       
       Linda alias Aradia Megido will von Christopher Lambert dann auch noch ein
       Autogramm holen. Aber für ihre Mutter. Sie selbst weiß gar nicht, wer
       Christopher Lambert überhaupt ist.
       
       16 Oct 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Hartmann
       
       ## TAGS
       
   DIR Fantasy
   DIR Comic
   DIR Messe
   DIR Kolumne Großraumdisco
   DIR Comic-Held
   DIR Anime
   DIR Marvel Comics
   DIR Animationsfilm
   DIR Pokemon
   DIR Japan
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Science-Fiction-Convention im Tropenhaus: Reise ins Morgen von gestern
       
       Das grüne Science-Center Botanika hat Science-Fiction-Fans mit und ohne
       Kostüm eingeladen, in tropischer Atmosphäre ihre Freude am Unsinn zu
       feiern.
       
   DIR Messe für Comicfans: Ein gehäkelter Filmstar ist sehr günstig
       
       Sich kostümieren wie der Lieblingsheld: Tausende kamen zur „German Comic
       Con Berlin“ und waren ihren Stars nahe.
       
   DIR Superheldin Sailor Moon: Kämpfen wie ein Mädchen
       
       Vor 25 Jahren lief die Anime-Serie Sailor Moon zum ersten Mal in Japan. Für
       ihre Fans ist sie mehr als eine niedliche Manga-Figur – und so aktuell wie
       nie.
       
   DIR Kostenloser Online-Comic „Madaya Mom“: Syrische Mutter als Comic-Heldin
       
       Dalibor Talajic zeichnet den Überlebenskampf im Bürgerkriegsland. Sein
       Online-Comic lebt von den Erzählungen einer anonymen Mutter.
       
   DIR Animationsfilm „Belladonna of Sadness“: Eine Rebellion in verstörenden Bildern
       
       Einzigartig in der Filmgeschichte: Regisseur Eiichi Yamamoto mischt
       filmische Experimente und sexuell explizite Animationen.
       
   DIR Die Wahrheit: Arme Pummelmonster
       
       Zum Ausklang des Hypes hat die Pokémon-Pest die Literatur und sogar die
       Kirchen erreicht. Ein wahrer Bericht aus der irren Welt der Spiele.
       
   DIR Anime über Japan im 19. Jahrhundert: Einladung zum Schwelgen
       
       Traumsequenzen, von Hand gezeichnet: „Miss Hokusai“ findet für das Leben
       der Tochter des Malers Hokusai einen Fluss poetischer Bilder.