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       # taz.de -- Großeinsätze gegen Drogenhändler: Bremer Polizei fährt groß auf
       
       > Polizei und Staatsanwaltschaft in Bremen präsentieren Ermittlungserfolg
       > gegen mutmaßliche Drogendealer. Sechs Männer sitzen in U-Haft, auch
       > mutmaßliche Drahtzieher
       
   IMG Bild: Zwischen ihnen und der Polizei herrscht keine Einigkeit: Demo für die Freigabe von Cannabis im Mai 2015 in Bremen
       
       BREMEN taz | Nach acht Monaten verdeckter Ermittlungen sowie mehrerer breit
       angelegter Razzien gegen Drogenhändler haben Staatsanwaltschaft und Polizei
       Bremen gestern ihre Ergebnisse präsentiert: Es sei gelungen, sagte
       LKA-Leiter Daniel Heinke, die Arbeitsstruktur des organisierten
       Drogenhandels in den beiden Brennpunkten der Stadt komplett zu zerschlagen
       – dem Hauptbahnhof und dem Steintorviertel.
       
       Im Rahmen eines „Strukturverfahrens“, durchgeführt von einer „besonderen
       Aufbauorganisation“ mit dem Namen „BAO Honigtopf“, haben in den vergangenen
       Monaten 270 Einsatzkräfte 19 Wohnungen in Bremen, Niedersachsen und
       Nordrhein-Westfalen durchsucht und 4,5 Kilo Kokain, 1,2 Kilo Heroin, 7,5
       Kilo Marihuana sowie „verdächtige flüssige Substanzen“, Equipment,
       Unterlagen und 80.000 Euro Bargeld beschlagnahmt. 14 Personen wurden
       festgenommen, sechs Männer sitzen in Untersuchungshaft.
       
       „Der Name der BAO bedeutet: Wir müssen unsere Männer direkt an der Quelle
       bekommen, also mit der Hand im Honigtopf“, erläuterte Andree Lehmann,
       Leiter der Kriminaldirektion für Strukturdelikte, das Verfahren. Polizei
       und Staatsanwaltschaft hätten in den vergangenen Monaten versucht, „die
       Blackbox aufzumachen, um die Struktur des Drogenhandels zu erkennen und
       aufzulösen“. Das sei gelungen.
       
       Nach den gewonnenen Erkenntnissen der ErmittlerInnen stammt der größte Teil
       der Bremer Drogenhändler, die in den Bereichen Hauptbahnhof und
       Steintorviertel unterwegs seien, aus dem westafrikanischen Guinea und
       gehörten der Volksgruppe der Fula oder Fulbe an. Auch die Köpfe der
       Händlernetzwerke stammten in der Regel aus Guinea.
       
       Manche der Straßenhändler seien bereits in ihrer Heimat angeworben worden.
       Andere seien als Flüchtlinge nach Bremen gekommen, in der Hoffnung, einen
       Schul- oder Ausbildungsplatz zu bekommen: „Die werden dann angesprochen und
       geködert mit Aussagen wie: Du hast hier doch eh keine Chance“, sagte
       Lehmann. Das ist freilich richtig: Der größte Teil der Asylanträge von
       Geflüchteten aus Guinea wird abgelehnt, für viele gilt mindestens ein
       eingeschränktes Arbeitsverbot.
       
       Potenzielle Händler durchliefen laut Lehmann ein strukturiertes
       „Ausbildungsverfahren“: Ein halbes Jahr lang liefen die Männer mit, ohne
       selbst Drogen bei sich zu tragen: „Sie lernen erst einmal ihr Netzwerk und
       die Zivilpolizei kennen, damit sie später entsprechend reagieren können.“
       Dann begännen sie mit Kleinstmengen Cannabis: „Denn leider besteht ja das
       Problem, dass sie in der Regel dafür nicht belangt werden“, sagte Lehmann.
       Erst der routinierte Drogenhändler verkaufe später auch harte Drogen.
       
       Zwischen ein- und dreitausend Euro verdienten die Händler im Monat, so
       Lehmann. Davon werde der größte Teil zu den Familien nach Hause geschickt.
       „Die Beteiligten haben selbst kein Drogenproblem. Es geht hier
       ausschließlich ums Geld.“
       
       Auch Minderjährige seien dabei: Erst am vergangenen Montag, bei einer breit
       angelegten Razzia im Steintorviertel, sei ein 16-Jähriger „mit sechs
       Verkaufseinheiten Marihuana“ erwischt worden, sagte Polizei-Vizepräsident
       Dirk Fasse. Gemeinsam mit dem Amt für Soziale Dienste müsse künftig
       verstärkt danach geschaut werden, wie man solchen Jugendlichen eine
       Perspektive bieten könne.
       
       Er ist sich sicher, dass durch die Inhaftierung wichtiger Hintermänner die
       in Jahren aufgebaute Organisationsstruktur empfindlich getroffen wurde.
       Aber auch künftig werde die Polizei „konsequent einschreiten, auch mit
       Festnahmen und Platzverweisen.“ Denn: „Natürlich wird es immer Konsumenten
       geben. Deswegen gehen wir davon aus, dass die Bekämpfung des Drogenhandels
       ein Thema bleiben wird.“
       
       18 Oct 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schnase
       
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