URI: 
       # taz.de -- Japaner im deutschen Fußball: Fukuhara kickt am Rhein
       
       > Rund 50 Japaner spielen derzeit in der fünftklassigen Mittelrheinliga.
       > Ihr Ziel ist es, Profi-Fußballer zu werden.
       
   IMG Bild: Kagawa verstärkte den Trend. Der Japaner spielt zusammen mit Weltmeister Götze bei Dortmund
       
       Hahn taz | Takato Fukuhara dreht jubelnd ab. Soeben hat der 23-jährige
       Japaner für den FC Inde Hahn gegen Borussia Freialdenhoven das 2:0
       markiert. Es ist schon das sechste Saisontor des jungen Japaners für seinen
       Klub in der Mittelrheinliga. Fünfte Spielklasse, Amateurfußball pur. Für
       Fukuhara soll sie die Eintrittskarte in den Profifußball werden.
       
       „Ich will Fußballprofi werden“, sagt der nur 1,75 Meter kleine Fukuhara
       nach dem Spiel, das sein Team letztlich deutlich mit 6:0 gewonnen hat. Auch
       dank des technisch enorm versierten Dribblers aus Japan, dessen
       Schnelligkeit die Gegner an diesem Tag vor unlösbare Rätsel gestellt hat.
       „Ich glaube, dass ich es schaffen kann“, meint er dann lächelnd in
       gebrochenem Deutsch.
       
       Seit zehn Monaten ist Fukuhara in Deutschland, er will es versuchen:
       Fußballprofi werden. In seinem Heimatort Niigata, einer
       800.000-Einwohner-Stadt an der japanischen Ostküste, hat er Fußball nur in
       der Schule und an der Uni gespielt. Nicht ungewöhnlich für Japan – im
       Jugendbereich sind Fußballstrukturen auf Vereinsbasis nur rudimentär
       entwickelt. Die intensivste und beste Fußballausbildung bieten die
       Hochschulen. Takato Fukuhara hat Fußball aber nur nebenbei gespielt, bis er
       Ende 2015 sein Jurastudium beendete. Und dann hat er die Dinge mit seinen
       Eltern besprochen.
       
       Einige seiner Kumpels und Bekannten hatten bereits vor ihm den Weg nach
       Deutschland angetreten, um es im Land des Weltmeisters mit dem Fußball zu
       probieren. Fukuhara wollte das auch. Die Eltern stimmten zu. Und stellten
       die finanziellen Mittel für die Reise und den Aufenthalt in Deutschland
       bereit.
       
       ## Die beste Erfahrung wird im Ausland gesammelt
       
       Ein Studium kostet in Japan pro Jahr zwischen 20.000 und 40.000 Euro.
       Erfahrungen außerhalb der Heimat zu sammeln, gehört zur guten Ausbildung
       quasi dazu und macht sich später gut im Lebenslauf. Auslandsaufenthalte
       sind in Japan höchst angesehen. In eigentlich allen Berufssparten. Auch im
       Sport. Und zunehmend im immer beliebter werdenden Fußball.
       
       An dieser Stelle kommt Gert Engels mit seiner Agentur Soccer Life ins
       Spiel. Er betreibt seit 2010 im nordrhein-westfälischen Düren ein kleines
       Fußballinternat für talentierte Kicker aus Japan. Exprofi Engels, der in
       den 70ern auch mal zwei Jahre bei Borussia Mönchengladbach unter Vertrag
       stand, ist in japanischen Fußballkreisen bestens bekannt. 1990 folgte der
       damalige Sportstudent einem Aushang an der Sporthochschule und ging als
       Trainer ins damalige Fußballentwicklungsland Japan. Er blieb 18 Jahre.
       
       Trainierte mehrere Klubs in der J-League, bevor er 2008 bei den Urawa Red
       Diamonds entlassen wurde und in seine Heimat zurückkehrte. Japanische
       Talente hatte er schon in den 90ern vereinzelt nach Deutschland vermittelt.
       Nach seiner Rückkehr nach Düren intensivierte er die Sache und schaffte mit
       seinem Fußballinternat ein Angebot für immer größer werdende Nachfrage.
       „Früher sind talentierte japanische Fußballer gern zur Ausbildung nach
       Brasilien gegangen. Doch mittlerweile hat sich Deutschland als Wunschziel
       ganz klar durchgesetzt“, erklärt der 59-Jährige.
       
       Sein Geschäftsmodell ist einfach: Die japanischen Talente kommen für vier
       Wochen in sein Internat, nehmen dabei am täglichen Training teil. Parallel
       dazu verschafft ihnen Engels Probetrainings bei benachbarten Dürener
       Vereinen. Je nach Leistungsstand bei Fünft- bis Siebtligisten. Nach den
       vier Wochen „all inclusive“, die Engels für rund 1.400 Euro anbietet,
       spricht der Trainer sein Urteil.
       
       ## Eine ehrliche Antwort
       
       „Ich sage den Jungs dann ganz klar, ob es meiner Meinung nach Sinn macht
       für sie in Deutschland oder nicht“, sagt Engels. Sind sie nicht talentiert
       genug, um zumindest eine vage Chance in Richtung Vierte Liga zu haben,
       empfiehlt Engels die Rückkehr in die Heimat: „Sie erwarten und bekommen von
       mir eine klare und ehrliche Einschätzung, ob sie die Karte Fußball spielen
       sollten oder nicht.“
       
       Takato Fukuhara hat von Engels die Empfehlung bekommen, es in Deutschland
       zu versuchen. Mittelrheinligaaufsteiger FC Inde Hahn aus dem Aachener Osten
       nahm Fukuhara gern auf, der Klub arbeitet nicht zum ersten Mal mit Engels
       zusammen. Der Aufstieg letzte Saison klappte auch dank spielerisch starker
       Unterstützung aus Fernost.
       
       In der laufenden Spielzeit spielt ein halbes Dutzend japanischer Talente
       für den Klub. Der familiär geführte Verein hat sich auf die japanischen
       Kicker gut eingestellt. Inde Hahn bietet neben Ausrüstung und kulinarischer
       Versorgung im Klubheim auch regelmäßigen Deutschunterricht.
       
       „Der Sprachunterricht ist ein ganz wichtiger Bestandteil der Ausbildung“,
       erklärt Engels, der die Spieler nach der „Probezeit“ zwar aus seinem
       mittlerweile 18 Spieler fassenden Internat entlässt, den Kontakt aber hält
       und ihnen weiter hilft. Es geht dann um Dinge wie Wohnung, Ämtergänge und
       vor allem die Beschaffung eines Visums. Nach dem ein Jahr gültigen
       Working-Holiday-Visum, das mit dem Nachweis einer Sprachschule recht
       problemlos zu bekommen ist, wird es schwierig.
       
       Sehr gute Sprachkenntnisse, Arbeitsvertrag oder Studiennachweis müssen
       erbracht werden, um überhaupt die Chance auf eine weitere
       Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Engels’ Arbeitswoche ist auf diese Art
       gut gefüllt – schließlich tummeln sich allein in der
       nordrhein-westfälischen Mittelrheinliga mittlerweile rund 50 japanische
       Kicker, von denen ein Gutteil über Soccer Life ins Land gekommen sind.
       
       ## Konkurrenz zwischen den Agenturen
       
       Allerdings beileibe nicht alle, denn das japanische Bedürfnis nach
       Fußballausbildung made in Germany haben längst viele andere Vermittler
       erkannt und den Markt betreten. Neben kleineren Spieleragenturen sitzt
       beispielsweise in Mainz die Deutschlandvertretung der Agentur Europlus
       International, die vom ehemaligen Mainzer Oberligaspieler Takashi Yamashita
       betrieben wird. Rund 100 junge Talente bringen Yamashita und sein Kollege
       Babak Keyhanfar seit 2012 im Schnitt jährlich in Deutschland unter.
       
       Europlus allerdings arbeitet vom Stammsitz in Tokio aus weltweit, neben
       Deutschland, England, Thailand und Montenegro ist vor allem Spanien das
       begehrteste Zielland der Europluskunden. „Die Jungs haben das Ziel, mit dem
       Fußball ihr Geld zu verdienen. Meine Aufgabe ist es dann häufig, ihnen zu
       erklären und klar zu machen, wie schwierig das ist. Auch und gerade in
       Deutschland. Das müssen sie lernen“, sagt Yamashita.
       
       Takato Fukuhara vom FC Inde Hahn hat in Deutschland schon viel gelernt.
       Neben den ersten Sprachkenntnissen hat er sich gemeinsam mit seinem Kumpel
       Junpei Ebisu, der schon seit zwei Jahren in Deutschland lebt und bei Engels
       so etwas wie eine rechte Hand ist, zum Beispiel schon daran gemacht, Kochen
       zu lernen.
       
       Für seine Fußballkarriere hat er sich eine Frist gesetzt: Hat er es bis zum
       kommenden Sommer nicht in die Nähe des Profifußballs geschafft, bricht er
       den Versuch mit dem Fußball ab. „Schaffe ich es nächste Saison nicht
       mindestens in die Vierte Liga, kehre ich nach Japan zurück. Dann werde ich
       Rechtsanwalt.“
       
       30 Oct 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Olaf Jansen
       
       ## TAGS
       
   DIR Japan
   DIR Fußball
   DIR Amateurfußball
   DIR Weltmeister
   DIR Fußball
   DIR Fußball
   DIR Fußball
   DIR Fußball
   DIR FC St. Pauli
   DIR Nazis
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Japans 54-jähriger Rekordfußballer: Lebendes Maskottchen
       
       Kazuyoshi Miura beendet mit 54 Jahren sein Engagement beim Erstligisten
       Yokohama FC. Aufhören will der in Japan verehrte Fußballer aber deshalb
       nicht.
       
   DIR Bundesliga und chinesischer Markt: Großes Geld im Reich der Mitte
       
       Dem deutschen Fußball bietet der chinesische Markt riesige Chancen. Deshalb
       steigen DFL und DFB nun als Kooperationspartner ins Geschäft ein.
       
   DIR Historiker über Dortmund – Schalke: „Es ist eine besondere Atmosphäre“
       
       Ein „Hassduell“ ist das Derby erst seit den achtziger Jahren. Seit die
       Tickets über 100 Euro kosten, geht auch der Hass zurück, sagt Paul
       Nierhaus.
       
   DIR Korruption im griechischen Fußball: Reger Wechsel von Geldkoffern
       
       Ein Komitee der Fifa soll im griechischen Fußball für Ordnung sorgen.
       Verbandswahlen wurden wegen Bestechungsversuchen abgesagt.
       
   DIR Ein Vereinsmuseum für den FC St. Pauli: Niederlagen hinter Glas
       
       Hall of Pain: Das von den Fans gestaltete Museum soll nicht Triumphe und
       Trophäen zeigen, sondern Misserfolge und stetiges Wiederaufstehen.
       
   DIR Rassismus beim BFC Dynamo: Ultralangsam aus der rechten Ecke
       
       Der Fußballverein BFC Dynamo wird sein rechtes Image nicht los. Das liegt
       auch an den Verantwortlichen beim Verein, beklagt die Organisation
       ReachOut.