URI: 
       # taz.de -- Afghanistan-Geberkonferenz: 15,2 Milliarden Dollar bis 2020
       
       > Die Weltgemeinschaft will das Land nicht alleinlassen. Die EU beteiligt
       > sich großzügig an neuen Hilfsgeldern – ist aber nicht uneigennützig. Es
       > geht auch um Flüchtlinge.
       
   IMG Bild: Während verhandelt wird, geht der Terror in Afghanistan weiter: Folgen eines Selbstmordattentats in Kabul am Mittwoch
       
       Brüssel dpa | Die internationale Gemeinschaft hat Afghanistan für die
       kommenden vier Jahre Finanzhilfen in Höhe von 15,2 Milliarden US-Dollar
       zugesagt. Das teilten die Organisatoren der Brüsseler Geberkonferenz am
       Mittwochabend mit. Im Gegenzug für die Unterstützung von umgerechnet ca.
       13,6 Milliarden Euro werden von der afghanischen Regierung allerdings
       stärkere Reformanstrengungen verlangt.
       
       Man erwarte, dass die Regierung in Kabul bei der Beachtung von
       Menschenrechten und der Bekämpfung von Korruption ihre Aufgaben erfülle,
       erklärte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Zudem müsse
       die afghanische Führung mehr Einigkeit zeigen und in Migrationsfragen
       kooperieren. „Ich hoffe, dass das jetzt gerade unterschriebene
       Rückübernahmeabkommen mit Afghanistan tatsächlich in die Praxis umgesetzt
       wird“, unterstrich Steinmeier bei der Konferenz, an der Vertreter aus 75
       Ländern teilnahmen.
       
       EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärte: „Wir erwarten (…) von Staaten, dass
       sie irreguläre Wirtschaftsmigranten zurücknehmen.“ Nach einem internen
       EU-Dokument aus dem Monat März hielten sich zuletzt rund 80 000 Afghanen in
       der Europäischen Union auf, die in naher Zukunft in ihr Heimatland
       zurückgeschickt werden könnten. In der Abschlusserklärung ist von der
       „Bedeutung enger und wirksamer Zusammenarbeit“ im Migrationsbereich die
       Rede.
       
       Deutschland will Regierungsangaben zufolge allein im kommenden Jahr 430
       Millionen Euro für den Wiederaufbau Afghanistans zur Verfügung stellen. Bis
       Ende des Jahres 2020 könnten aus dem Bundeshaushalt insgesamt bis zu 1,7
       Milliarden Euro in das von radikalislamistischen Taliban-Rebellen
       erschütterte Land fließen. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini
       kündigte an, dass von der EU und den Mitgliedstaaten bis Ende 2020 pro Jahr
       rund 1,2 Milliarden Euro bereitgestellt werden können.
       
       Bei der letzten großen Geberkonferenz in Tokio hatte die internationale
       Gemeinschaft für einen Vier-Jahres-Zeitraum rund 16 Milliarden US-Dollar
       (14,3 Mrd Euro) zur Verfügung gestellt. Das neue Hilfspaket soll den
       zivilen Finanzbedarf Afghanistans von 2017 bis Ende 2020 abdecken.
       
       ## Jeder dritte Afghane ist bitterarm
       
       Der afghanische Präsident Aschraf Ghani verwies darauf, dass in seinem Land
       noch immer mehr als jeder dritte Mensch bitterarm sei und mit weniger als
       1,35 Dollar am Tag auskommen müsse. „Das sind ein bis zwei Mahlzeiten am
       Tag“, sagte Ghani. Der Schulbesuch von Kindern könne damit kaum finanziert
       werden.
       
       US-Außenminister John Kerry appellierte erneut an die Taliban, die Waffen
       niederzulegen und Friedensgespräche zu beginnen. Die Rebellen hatten erst
       in der Nacht zum Montag wieder einen schweren Angriff auf die Hauptstadt
       der nordafghanischen Provinz Kundus gestartet. Provinzratsmitglied Saied
       Assadullah Sadat sagte am Mittwochabend (Ortszeit), die Kämpfe gingen
       weiter. Nach Regierungsangaben war die Innenstadt zwar inzwischen gesichert
       – der Angriff machte aber einmal mehr deutlich, dass das Land von Frieden
       und Stabilität weit entfernt ist.
       
       Unklar war auch, wie viele Kämpfer sich noch in oder am Rand der Stadt
       befinden. Ursprünglich soll es sich um eine Gruppe von 100 bis 110
       Angreifern gehandelt haben. Ein Polizeichef sagte, bisher seien etwa 50
       Taliban getötet worden. Auch fünf Soldaten seien ums Leben gekommen,
       weitere acht verwundet worden.
       
       Horia Mosadiq von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International
       kritisierte die Migrationsvereinbarung der EU mit Blick auf den neuesten
       Angriff scharf: „Er zeigt, dass die Behauptung der EU, Afghanistan sei
       sicher für Rückkehrer, grotesk ist.“
       
       5 Oct 2016
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Geberkonferenz
   DIR Flüchtlinge
   DIR Europäische Union
   DIR Kundus
   DIR Taliban
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR USA
   DIR Lesestück Meinung und Analyse
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Schwerpunkt Flucht
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Widerstand gegen die Taliban: Die mit Geld, die mit Bomben
       
       Die Taliban sind in den afghanischen Provinzen auf dem Vormarsch. Ein Grund
       dafür ist das rücksichtlose Vorgehen ihrer Gegner.
       
   DIR Afghanischer Flüchtling in Berlin: Ein Praktikum in Bürokratie
       
       Seit einem Jahr versucht Ahmadullah Sediqi, in Berlin anzukommen. Er hat
       Freunde und eine Wohnung. Doch er überlegt, alles hinzuschmeißen.
       
   DIR 15 Jahre Afghanistan-Einsatz: Ein zutiefst uneiniges Land
       
       15 Jahre nach Beginn der „Operation Enduring Freedom“ spüren die Afghanen
       wenig vom Frieden. Die Taliban erstarken. Warum? Eine Analyse.
       
   DIR 15 Jahre Einsatz in Afghanistan: Ein Ende ist nicht abzusehen
       
       Derzeit sind noch bis zu 980 deutsche Soldaten in Afghanistan stationiert.
       Wonach bemisst sich der Erfolg des Einsatzes?
       
   DIR Afghanistan-Konferenz in Brüssel: „Keine Spendermüdigkeit“
       
       Die EU will Afghanistan bis 2020 mit 1,2 Milliarden Euro pro Jahr
       unterstützen. Es gebe keinen Zusammenhang mit dem Abkommen zur Abschiebung
       von Flüchtlingen.
       
   DIR Geberkonferenz für Afghanistan: Taliban senden ein Signal aus Kundus
       
       Pünktlich zur Konferenz in Brüssel gab es einen Angriff auf die
       nordafghanische Stadt. Die Taliban wurden am Dienstag zurückgedrängt.
       
   DIR Abschiebungen nach Afghanistan: Die Taliban sind kein Hindernis
       
       Der Bundesinnenminister will bei Abschiebungen intensiver mit Afghanistan
       zusammenarbeiten. Indes greifen die Taliban Kundus an.
       
   DIR Angriff in Afghanistan: Taliban haben Kundus umzingelt
       
       Die Taliban haben erneut einen Angriff auf Kundus gestartet.
       Sicherheitskräfte liefern sich heftige Gefechte mit den Islamisten.
       
   DIR Krieg in Afghanistan: Nur Egoisten überleben
       
       Seit über 35 Jahren herrscht Krieg. Über ein Zehntel der afghanischen
       Bevölkerung ist auf der Flucht – die meisten im Land selbst.