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       # taz.de -- Parteitag in Bocholt abgesagt: Drohungen gegen SPD-Parteichef
       
       > SPD-Chef Purwin erreichten im Vorfeld viele Beschimpfungen. Jetzt erhielt
       > er Morddrohungen und sagte mit Rücksicht auf seine Familie den Parteitag
       > ab.
       
   IMG Bild: Sieht doch friedlich aus in Bocholt, bereits im Vorfeld erreichten Purwin jedoch viele Beschimpfungen
       
       Bocholt dpa | Mit Rücksicht auf seine Familie hat der SPD-Vorsitzende der
       Stadt Bocholt nach Morddrohungen einen Parteitag abgesetzt. Das Aus der für
       Freitag geplanten Veranstaltung bestätigte SPD-Chef Thomas Purwin noch am
       selben Tag. Zuerst hatte das Bocholter Volksblatt über die Absage im
       westlichen Münsterland berichtet. Auf der Tagesordnung stand die Wiederwahl
       des 35-Jährigen. Seine Lebensgefährtin habe große Ängste geäußert, teilte
       Purwin mit. Er selbst will die Absage nicht als Einknicken vor den
       Drohungen verstehen. Die Bedenken der Familie könne er aber nicht
       ignorieren, sagte Purwin.
       
       Der Kommunalpolitiker, der in Bocholt das Standesamt leitet, muss sich seit
       Jahren immer wieder rassistische und judenfeindliche Beschimpfungen per
       Mail und bei Facebook gefallen lassen. „Auch der Bürgermeister und Kämmerer
       in Bocholt erhalten seit Beginn der Flüchtlingskrise diese üblen
       Beschimpfungen“, sagte Purwin. Der Staatsschutz der Polizei hat
       Ermittlungen zu den Hassmails aufgenommen.
       
       Innenminister Ralf Jäger (SPD) verurteilte die Drohungen als
       „unerträglichen Angriff auf Menschen, die sich für die Demokratie und das
       Gemeinwohl einsetzen“. Es gebe in der Gesellschaft die besorgniserregende
       Tendenz zur Verrohung. „Die Aggressions-Spirale dreht sich immer schneller.
       Das zeigt sich etwa in Hass-Postings und Cyber-Mobbing. Oder entlädt sich
       sogar in gewalttätigen Angriffen auf Politiker“, sagte Jäger.
       
       Nach Zahlen des Innenministeriums gab es bis September im laufenden Jahr
       ein Dutzend Fälle von Bedrohungen gegen Amtsträger in Nordrhein-Westfalen,
       42 Mal gingen Anzeigen wegen Beleidigungen bei der Polizei ein. 19 Mal
       registrierte die NRW-Polizei Sachbeschädigungen, wie zum Beispiel bei
       Angriffen gegen Parteibüros.
       
       Auch bundesweit haben Angriffe gegen Lokalpolitiker zugenommen. Der
       Deutsche Städte- und Gemeindebund spricht von einer Welle des Hasses. Nach
       einer Umfrage habe es fast in jeder zweite Kommune schon Beschimpfungen
       wegen der lokalen Flüchtlingspolitik gegeben. Der Kommunalverband
       befürchtet deshalb, dass Nachwuchskräfte keine politischen Ämter mehr
       übernehmen. Nachdem der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Gerd Landsberg,
       ein Gesetz gegen Politiker-Stalking gefordert hatte, bekam auch er
       hasserfüllte Mails.
       
       7 Oct 2016
       
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