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       # taz.de -- Zu warm für die Sozialbehörde: Obdachlose müssen frieren
       
       > Die Linksfraktion fordert vom Senat, das Winternotprogramm für Obdachlose
       > sofort zu aktivieren und ganztägig zu öffnen. Sozialbehörde winkt ab
       
   IMG Bild: Wird erst im November geöffnet: Zimmer mit Notschlafplätzen für Obdachlose
       
       HAMBURG taz | In Hamburg-Harburg und Neugraben ist das Problem bereits
       offen zutage getreten: Banken und Sparkassen sind dazu übergegangen, ihre
       Servicebereiche mit den Geldautomaten nachts zu verschließen, um somit
       Obdachlosen, die für die Nacht ein halbwegs warmen und trockenen Platz
       suchen, den Zugang zu verwehren.
       
       Die Linksfraktion in der Bürgerschaft fordert nun, dass das städtische
       Winternotprogramm für Obdachlose sofort geöffnet wird. „Es wäre
       verantwortungslos vom Senat, die vielen Obdachlosen noch bis zur Öffnung
       der Notunterkünfte am 1. November warten zu lassen“, sagt die
       Sozialpolitikerin Cansu Özdemir. „Betroffene suchen nun Schutz in
       Hauseingängen und unter Vordächern.“
       
       Özdemir weist darauf hin, dass der rot-grüne Senat im vergangenen Jahr
       betont habe, dass das Winternotprogramm je nach Witterung auf April
       verlängert werden könne. „Diese Flexibilität darf nicht nur für das
       Frühjahr, sondern muss auch im Herbst gelten“, findet Özdemir.
       
       ## Die Folgen sind voraussehbar
       
       Es sei nicht zu verantworten, die vielen Obdachlosen angesichts des
       nasskalten Wetters nachts noch bis zur Öffnung der Notunterkünfte am 1.
       November warten zu lassen. Eine weitere Verelendung und vermeidbare
       Erkrankungen seien bei der derzeitigen Witterung voraussehbar, warnt
       Özdemir.
       
       Dem Obdachlosen-Magazin Hinz & Kunzt hatten viele Wohnungslose berichtet,
       dass ihnen nach dem Temperatursturz der vergangen Tagen richtig kalt
       geworden sei. „Heute Nacht habe ich furchtbar gefroren“, berichtet ein Hinz
       & Kunzt-Verkäufer, der auf der Straße schläft, also „Platte macht“.
       
       Nach Schätzungen der Diakonie leben derzeit mindestens 2.000 Menschen in
       der Stadt auf der Straße. „Ich werde ständig gefragt, ob es nicht jetzt
       schon einen Platz im Container gibt“, berichtet Hinz & Kunzt-Sozialarbeiter
       Stephan Karrenbauer. „Es ist frustrierend. Die Menschen frieren und ich
       kann ihnen nicht helfen.“
       
       Die Sozialbehörde sieht indes keine Notwendigkeit dafür. „Die Forderung
       wird jedes Jahr erhoben“, sagte Sozialbehördensprecher Marcel Schweitzer
       der taz. „In anderen deutschen Städten öffnet die Kältehilfe erst bei
       Temperaturen unter null Grad.“
       
       ## Türen bleiben zu
       
       Die Linksfraktion fordert in einem Antrag an die Bürgerschaft, der am
       morgigen Donnerstag diskutiert wird, das reguläre Winternotprogramm durch
       eine ganztägige Öffnung zu erweitern und die niedrigschwellige
       gesundheitliche und medizinische Versorgung auszubauen.
       
       „Eine ganztägige Öffnung wird es nicht geben,“ sagt Schweitzer. Die Gründe
       seien dieselben wir im vergangenen Winter. „Die Angebote entsprechen
       grundsätzlich der Nachfrage“, sagte er damals.
       
       Wie umfangreich das Winternotprogramm sein wird, steht laut Schweitzer noch
       nicht fest. Im vergangenen Jahr gab es zuletzt 1.040 Notschlafplätze. „Wir
       werden die Öffentlichkeit nach Abschluss aller Gespräche mit den Partnern,
       dem Betreiber und den NGOs über die Ergebnisse informieren“, sagt
       Behördensprecher Schweitzer. „Dies wird vermutlich kommende Woche möglich
       sein.“
       
       12 Oct 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai von Appen
       
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