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       # taz.de -- Prozess gegen Stadtteilladen in Neukölln: Die Räumung droht
       
       > Am Donnerstag wird die Klage gegen den Kiezladen in der Friedelstraße 54
       > verhandelt. Vor der Verhandlung sind Proteste angekündigt.
       
   IMG Bild: Ironischer Auftritt in Neukölln
       
       Für den Kiezladen F54 wird es am Donnerstagmorgen ernst: Vor dem
       Amtsgericht Neukölln beginnt der Räumungsprozess gegen den Stadtteilladen
       in der Friedelstraße. Klägerin ist die luxemburgische Immobilienfirma
       „Pinehill s.a.r.l., seit Sommer Eigentümerin des Mietshauses. „Mit einem
       rechtskräftigen Räumungstitel könnte schon in drei Wochen eine
       Gerichtsvollzieherin vor unserer Tür stehen“, lautet die Befürchtung von
       Martin Sanders vom Verein Akazie gegenüber der taz.
       
       Er moniert auch, dass das Gericht an dem Termin für das Gerichtsverfahren
       festgehalten hat, obwohl der Anwalt der MieterInnen einen anderen Termin
       hat und vergeblich um eine Verschiebung bat. „Aber dem Gericht geht die
       Verdrängung in Neukölln offenbar nicht schnell genug“, kommentiert eine
       Nachbarin das Festhalten am Prozesstermin.
       
       Sie weist darauf hin, dass es nicht nur um den Laden, sondern um die
       Zukunft des gesamten Hausprojekts geht. Vorerst sei zwar nur der Kiezladen
       von einer Räumung bedroht, weil ein Gewerbemietvertrag leichter zu kündigen
       ist. Doch die Räumungsklage sei auch ein Angriff auf die anderen
       MieterInnen. Schließlich haben die HausbewohnerInnen gemeinsam mit den
       LadenbetreiberInnen seit mehr als einen Jahr gegen die drohende Verdrängung
       aus dem Stadtteil gekämpft.
       
       Damals hatte die Wiener Immobilienfirma Citec das Haus gekauft hatte. Die
       Hausgemeinschaft der Friedelstraße 54 vernetzte sich daraufhin mit anderen
       von Räumung bedrohten MieterInnen und rief ein Treffen der BewohnerInnen
       der Citec-Häuser in Berlin ein. Und sie beschloss, das Haus selbst kaufen
       zu wollen. Mitte März fuhr deswegen eine Delegation der LadenbetreiberInnen
       und UnterstützerInnen nach Wien, um dem Citec-Vorstand das Kaufangebot
       persönlich zu überreichen.
       
       Der weite Weg schien sich gelohnt zu haben. Wenige Wochen später begannen,
       moderiert von der Neuköllner Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), am
       runden Tisch die Verhandlungen zwischen der Citec und den BewohnerInnen.
       Die dann allerdings abrupt scheiterten: Im August kam die überraschende
       Nachricht, dass das Haus mittlerweile an den luxemburgischen Investor
       verkauft worden war. „Die Pinehill s.a.r.l. setzt nun mit der Räumungsklage
       gegen den Nachbarschaftsladen die Verdrängungspolitik der Citec fort“, sagt
       ein Nachbar.
       
       Vor der Gerichtsverhandlung soll gegen die drohende Verdrängung
       demonstriert werden. „Laut gegen den Räumungsprozess des Kiezladens F54“
       lautet das Motto der Kundgebung, zu der mehrere Stadtteilinitiativen ab
       8.30 Uhr vor dem Amtsgericht in der Karl Marx-Straße 77/78 aufrufen.
       
       ## Kiezdemo angekündigt
       
       Zudem findet am 25. Oktober im Laden ein UnterstützerInnentreffen statt.
       Dort wird auch darüber beraten, wie auf eine drohende Zwangsräumung
       reagiert werden soll. Für Samstag, den 19. November, ist zudem eine
       „Kiezdemo“ gegen Gentrifizierung angekündigt. An der sich wohl nicht nur
       Initiativen aus Neukölln beteiligten dürften: So ist zum Beispiel die
       Räumung des Kreuzberger Szenegeschäfts Gemischtwarenladen mit
       Revolutionsbedarf M99 trotz eines vor Kurzem vom Gericht verordneten
       Aufschubs längst noch nicht vom Tisch.
       
       19 Oct 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Nowak
       
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