URI: 
       # taz.de -- Belgien lässt Ceta-Gipfel platzen: Freihandel auf Eis
       
       > Die Regionen Wallonie und Brüssel stimmen dem umstrittenen
       > Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada nicht zu. Das liegt damit
       > auf Eis.
       
   IMG Bild: Dickes Ding: Paul Magnette, Ministerpräsident der Wallonie, will das Ceta-Abkommen neu verhandeln
       
       Brüssel taz | Die letzte Entscheidung sollte eigentlich erst später fallen,
       auf höchster EU-Ebene. Belgiens Premierminister Louis Michel müsse die
       störrischen Gegner des Ceta-Abkommens bis Montagabend zur Räson bringen,
       forderte EU-Ratspräsident Donald Tusk.
       
       Doch Michel scheiterte schon vor Ablauf des Ultimatums. „Wir sind nicht in
       der Lage, Ceta zu unterschreiben“, sagte er nach einer einstündigen
       Krisensitzung mit den Spitzenpolitikern aller belgischen Regionen in
       Brüssel. Die französischsprachige Wallonie bleibt beim Nein.
       
       Damit dürfte auch der für Donnerstag geplante EU-Kanada-Gipfel platzen.
       Denn ohne die Zustimmung Belgiens kann die EU das Ceta-Abkommen nicht, wie
       seit Monaten geplant, unterzeichnen. Die EU steht vor einem Scherbenhaufen,
       Belgien auch. Tusk und Kanadas Premier Justin Trudeau bekundeten zwar am
       Montagabend, dass der Gipfel dennoch statfinden werde.
       
       Das kleine Königreich zahlt nun den Preis für die extreme Regionalisierung,
       die auf Druck der Flamen zustande gekommen war. Nicht nur die belgischen
       Parteien sind völlig zersplittert, auch die Handelspolitik wird in den
       Regionen mitentschieden.
       
       Nur wenn alle drei Regionen – die Wallonie, Flandern und Brüssel – der
       Föderalregierung ein Mandat erteilen, kann Premier Michel grünes Licht für
       Ceta geben. Genau darum ging es bei dem letzten, gescheiterten
       Schlichtungsversuch am Montag.
       
       Bisher war Belgien für seine oft langwierige, aber immer erfolgreiche
       Konsenssuche bekannt. Belgische Premierminister gelten sogar europaweit als
       Spezialisten für Kompromisse, oft wurden sie von der EU in schwierigen
       Fragen zu Hilfe gerufen.
       
       Doch mit Michel geht diese Ära nun zu Ende. Nicht nur bei Ceta ist er
       gescheitert. Auch in der Wirtschafts- und Sozialpolitik hinterlässt der
       liberale Politiker verbrannte Erde. Gegen seine Kürzungspolitik – zuletzt
       verkündete Michel harte Einschnitte im Gesundheitsbudget – gab es schon
       mehrere Generalstreiks.
       
       Das aufgeheizte soziale Klima ist einer der Gründe, weshalb die Sozialisten
       in der Wallonie so störrisch sind. Gerade erst hat der US-Konzern
       Caterpillar mehrere Tausend Jobs in der einstigen Industrieregion
       gestrichen; mit Ceta fürchten nun die Bauern um ihre Existenz.
       
       Ein anderer Grund liegt in der Politik. In Belgien gibt es keine
       landesweiten Parteien mehr, die Sozialisten in der Wallonie haben mit ihren
       Genossen in Flandern nicht viel zu tun. Zudem sind die Sozialisten auf
       nationaler Ebene in der Opposition – sie wollen und können Michel nichts
       schenken.
       
       ## EU will Vertragstext nicht ändern
       
       Zuletzt haben sie ihren Kurs sogar noch verschärft. So wies
       Ministerpräsident Paul Magnette ein Kompromisspapier, das die EU-Kommission
       am Sonntag vorgelegt hatte, als unzureichend zurück. Und Sozialisten-Chef
       Elio Di Rupo sagte, Ceta müsse neu verhandelt werden, was noch „mehrere
       Wochen“ dauern könne. Doch die EU ist nicht bereit, den fertig
       ausgehandelten Vertragstext zu ändern. Sie setzt darauf, die Vorbehalte mit
       einer Auslegungserklärung und nationalen Zusatzprotokollen auszuräumen. So
       hat sie es bereits mit den Bedingungen gemacht, die das
       Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe formuliert hatte.
       
       Die EU-Kommission spielte die Krise gestern denn auch herunter. Es gebe
       keine Frist für die Wallonie, den Pakt mit Kanada zu genehmigen, sagte eine
       Kommissionssprecherin. „Die Kommission stellt traditionell keine
       Ultimaten.“ Indirekt kritisierte sie damit EU-Ratspräsident Tusk. Er hatte
       gefordert, bis Montagabend müsse die Zustimmung Belgiens vorliegen.
       
       24 Oct 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
       ## TAGS
       
   DIR CETA
   DIR Freihandel
   DIR Belgien
   DIR Wallonien
   DIR Wallonien
   DIR CETA
   DIR Schwerpunkt TTIP
   DIR CETA
   DIR Kanada
   DIR CETA
   DIR CETA
   DIR CETA
   DIR Wirtschaft
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Ceta-Unterzeichnung vertagt: Kanada sagt Gipfeltreffen ab
       
       Die für Donnerstag geplante Unterzeichnung des Handelsabkommens ist
       geplatzt. Der kanadische Premier Trudeau reist nicht nach Brüssel.
       
   DIR Aktivität des EU-Parlamentspräsidenten: Der selbsternannte Retter
       
       Martin Schulz ist in der Ceta-Krise omnipräsent. Wieso nur? Sein Engagement
       sorgt in Brüssel jedenfalls für Stirnrunzeln.
       
   DIR Kommentar Ceta und TTIP: Das Misstrauen ist berechtigt
       
       Die EU-Kommission gibt zu, dass die Verträge kein nennenswertes Wachstum
       erzeugen. Es geht nur um den Lobbyismus der Konzerne.
       
   DIR Streit um Freihandelsabkommen Ceta: Wallonien ist nicht allein
       
       Medien und Politik fallen über die belgische Region her. Dabei teilen viele
       andere Gegenden diese Kritik – doch die werden erst später gefragt.
       
   DIR Ceta-Verhandlungen gehen weiter: Keine schnelle Lösung
       
       Bei Ceta gibt es offensichtlich noch immer Verhandlungsspielraum. In
       Belgien wird mit den Kritikern weiter geredet.
       
   DIR Kommentar Nein zu Ceta: Der letzte wallonische Widerstand
       
       Alle ergeben sich. Nur noch die Wallonen trotzen wie Asterix und Obelix dem
       europäischen Imperium. Das verdient Respekt – auch wenn es nervt.
       
   DIR Ceta-Ultimatum auf dem EU-Kanada-Gipfel: Der Wallonie läuft die Zeit davon
       
       Die Wallonie soll bis zum Sonntagabend den Widerstand gegen Ceta aufgeben.
       Doch die Belgier sträuben sich und der Streit weitet sich aus. Bis nach
       Berlin.
       
   DIR Verhandlungen zu Ceta-Abkommen: EU und Kanada wollen unterzeichnen
       
       EU-Parlamentspräsident Schulz traf die kanadische Handelsministerin
       Freeland. Der kommende Donnerstag bleibt als Termin zur Unterzeichnung
       bestehen.
       
   DIR Wallonie-Blockade von Ceta: Kanadas Unterhändler reisen ab
       
       Die kleine Wallonie blockiert Ceta weiter. Daraufhin betrachteten die
       Kanadier die Verhandlungen als gescheitert und reisten ab.