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       # taz.de -- Senat öffnet Unterkünfte: Neue Nachbarn für Geflüchtete
       
       > Flüchtlingsquartiere sollen nun bald auch von anderen Wohnungssuchenden
       > genutzt werden. Doch wie weit die soziale Durchmischung gehen soll, ist
       > umstritten
       
   IMG Bild: Wo sich bald auch Deutsche zu integrieren haben: in einer Hamburger Folgeunterkunft
       
       HAMBURG taz | Die in Hamburg geplanten Flüchtlingsquartiere sollen, früher
       als bislang vorgesehen, auch für andere Bewohnergruppen geöffnet werden.
       Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den die rot-grüne Koalition am 9. November
       in die Bürgerschaft einbringen will. Danach soll die städtische
       Gesellschaft Fördern & Wohnen, die die Flüchtlingsunterkünfte betreibt,
       diese nicht mehr allein an Schutzsuchende vergeben.
       
       Eine in dem Gesetz verankerte Satzungsänderung soll es ihr zukünftig auch
       erlauben, die bisherigen Unterkünfte für Schutzsuchende ebenfalls an
       dringlich Wohnungsuchende oder „in einem angemessenen Anteil auch an nicht
       hilfsbedürftige Personen“ zu vermieten. So soll eine mögliche
       Ghettoisierung der Flüchtlinge durch eine frühere soziale Durchmischung der
       neuen Quartiere verhindert werden.
       
       Der Gesetzentwurf setzt nach Auffassung der Regierungsfraktionen die
       Einigung mit der Volksinitiative „Hamburg für eine gute Integration“ vom
       Juli um. In ihr wurde eine Verkleinerung der von den Kritikern nach dem
       Bürgermeister benannten Großunterkünfte und eine baldige Mischung von
       Wohnungen für Flüchtlinge und andere Bewohnergruppen beschlossen. „Schritt
       für Schritt sollen die Flüchtlinge mit längerfristiger Bleibeperspektive in
       normalen Wohnraum integriert werden“, heißt es in dem Bürgervertrag.
       
       Testfall für das neue Regelwerk soll die von Fördern & Wohnen errichtete
       Flüchtlingsunterkunft am Poppenbütteler Berg sein. Hier entstehen derzeit
       in zwei Bauabschnitten rund 310 Wohnungen in denen je nach Bedarf 500 bis
       650 Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Da die Sozialbehörde eine
       „besonders dichte Belegung“ mit bis zu fünf Flüchtlingen pro Wohneinheit
       anstrebt, werden nur etwa die Hälfte der Wohnungen für Menschen auf der
       Flucht gebraucht. „Bislang konnten wir mit wenigen Ausnahmen nur die
       öffentliche Unterbringung von Flüchtlingen organisieren, in Zukunft werden
       wir nun alle Wohnungen nach festen Kriterien belegen können.“, sagt Fördern
       & Wohnen-Sprecherin Susanne Schwendtke.
       
       Die CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Karin Prien hingegen fordert eine noch
       weitere Durchmischung nach dem „Drittelmix“. Demnach sind Investoren
       gefordert, ein Drittel Sozialwohnungen, ein weiteres Drittel frei
       finanzierte Mietwohnungen und ein Drittel Eigentumswohnungen zu bauen. Eine
       Verteilung zuungunsten der Flüchtlinge und dringlich Wohnungssuchenden, die
       sich die Wohnungen des ersten Drittels aufteilen müssten. Zudem sieht Prien
       die Gefahr, dass durch das Gesetz „die Monopolstellung von Fördern & Wohnen
       zementiert wird“. Die Vereinbarung zwischen den Regierungsfraktionen und
       dem Initiativverband sehe hingegen vor, auch andere Träger an der Belegung
       der Flüchtlings-Quartiere zu beteiligen.
       
       Für die Fraktionsvorsitzende der Linken Cansu Özdemir „lässt der
       Gesetzentwurf viele Fragen offen“. Unklar sei, was es bedeute, wenn das
       städtische Unternehmen vom Betreiber zum Vermieter wird und ob die Bindung
       für sozial schwache Gruppen durch das Durchmischungskonzept „aufgehoben und
       ausgehebelt wird“.
       
       27 Oct 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marco Carini
       
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