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       # taz.de -- Ungleiches Wahlrecht in den USA: Qual der Wahl
       
       > Nicht nur Donald Trump – auch die OSZE kritisiert den Wahlprozess. Fast
       > sechs Millionen US-Amerikaner_innen dürfen nicht an die Urne.
       
   IMG Bild: Unerhört: Millionen US-Amerikaner dürfen ihre Stimme nicht abgeben
       
       Seit Wochen spricht der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald
       Trump davon, die US-Wahlen seien manipuliert worden. In der letzten
       TV-Debatte mit Clinton sagt er, er werde sich erst mal das Ergebnis
       anschauen und dann entscheiden, ob er das Resultat akzeptiere. Die Äußerung
       wurde in vielen US-Medien als Bedrohung interpretiert: Trump untergrabe das
       Vertrauen der Wähler_innen in den demokratischen Prozess an sich.
       
       Dem Wahlprozess zu misstrauen, dafür gibt es gute Gründe – allerdings
       anders, als Trump das meint. Das US-Wahlbeobachterteam der Organisaton für
       Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) veröffentlichte am Mittwoch
       einen ersten Zwischenbericht. Darin kritisiert die OSZE deutlich, dass fast
       sechs Millionen US-Amerikaner_innen das Wahlrecht verweigert wird:
       Verurteilten Straftätern, darunter 2,6 Millionen Menschen, die ihre Strafe
       längst verbüßt haben. Das betrifft überproportional stark die schwarze
       Bevölkerung.
       
       Das [1][Sentencing Project], eine Organisation gegen die Benachteiligung
       von Minderheiten im Justizsystem, beziffert die Zahl derer, die aufgrund
       von Verurteilungen nicht wählen dürfen, sogar auf 6,1 Millionen. Im
       Durchschnitt jedeR 13. Schwarze darf keine Stimme abgeben – in Florida sind
       es 21 Prozent, in Kentucky sogar 26 Prozent der schwarzen Bevölkerung.
       
       Die Durchführung der Wahlen und das Prozedere etwa zur Wählerregistrierung
       ist in den USA Sache der Bundesstaaten und der Gemeinden – und es ist alles
       andere als einheitlich. Seit Jahren beklagen Bürgerrechtsorganisationen die
       Benachteiligung von Schwarzen, Latinos und sozial schwachen
       Bevölkerungsgruppen – insbesondere in republikanisch geführten Staaten und
       Landkreisen.
       
       So erschwert es zum Beispiel die Einführung der Pflicht, sich bei der
       Registrierung und am Wahltag mit einem Identitätsnachweis inklusive
       Fotografie ausweisen zu können, für viele Angehörige dieser Gruppen, ihr
       Wahlrecht wahrzunehmen. Es gibt in den USA keine Meldepflicht und keine
       Personalausweise.
       
       Widerstand gegen solche Gesetze gibt es durchaus: Im Juli verwarf ein
       Bundesgericht ein neues Wahlgesetz zur Ausweispflicht in North Carolina.
       Die Begründung: es richte sich „mit nahezu chirurgischer Präzision“ gegen
       Schwarze. Im August sorgte der demokratische Gouverneur von Virginia dafür,
       das 13.000 Verurteilte ihr Wahlrecht zurückerhielten. Er hatte zuvor
       versucht, das für alle rund 200.000 Betroffenen in seinem Bundesstaat zu
       erreichen, war damit aber vor Gericht gescheitert.
       
       Ohne solche Gesetze könne es zu Wahlbetrug durch mehrfache Stimmabgabe
       kommen – oder zur Registrierung von nicht zugelassenen Wählern,
       argumentieren republikanische Politiker. Tatsächlich kommt es immer wieder
       zu Fehlern: 2012 fand eine Studie des Pew Research Centers heraus, dass
       landesweit mindestens 1,8 Millionen Verstorbene in den Wählerregistern
       geführt wurden. Nur: Belege dafür, dass die Toten in relevantem Umfang auch
       zur Wahl gingen, gibt es nicht. Auch bewiesene doppelte Stimmabgaben liegen
       in der Regel im Prozentbereich von drei Stellen hinter dem Komma.
       
       Immer wieder tauchen in der Presse Leaks der Kommunikation zwischen
       republikanischen Politikern auf. Sie zeigen, dass es in Wirklichkeit darum
       geht, mehrheitlich den Demokraten zuneigende Wählergruppen von der Urne
       fernzuhalten. In Wisconsin etwa verweigerte ein republikanischer
       Staatsbediensteter laut dem Magazin The Nation die Einrichtung eines
       Wahllokals in der Nähe der Green Bay-Uni. Grund: „Weil die Studenten eher
       zu den Demokraten neigen.“
       
       27 Oct 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.sentencingproject.org/
       
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   DIR Bernd Pickert
       
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