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       # taz.de -- Überwachung im Nahverkehr Hannover: Taxifahrer wollen Kameras
       
       > In Hannovers Taxis soll künftig jeder Fahrgast fotografiert werden. Dabei
       > ist die Zahl der Überfälle überschaubar. Ein Konzept dafür ist nun
       > genehmigt.
       
   IMG Bild: „Die Angst fährt immer mit“, sagte der Geschäftsführer von „Hallo Taxi“. Dabei gab es 2014 in Hannover nur fünf Überfälle
       
       Hannover taz | In Niedersachsens Landeshauptstadt Hannover können Taxis
       künftig mit einer Videoüberwachung ausgerüstet werden. Die
       Landesdatenschutzbeauftragte Barbara Thiel bestätigte der taz, ihre Behörde
       habe sich mit dem Marktführer „Hallo Taxi“ auf ein Pilotprojekt geeinigt.
       „In den ersten 120 Sekunden nach Einschalten des Taxameters kann alle zehn
       Sekunden automatisch ein Foto des Innenraums gemacht werden“, sagt Thiel.
       „Nach zwei Minuten arbeitet die Kamera dann nicht mehr.“
       
       Zum Schutz ihrer FahrerInnen vor aggressiven Gästen fordern FunktionärInnen
       des „Deutschen Taxi- und Mietwagenverbands“ seit Jahren, dass jede Fahrt
       vollständig in Bewegtbildern festgehalten werden müsse. Unter den
       Datenschutzbeauftragten der Länder herrscht dagegen Einigkeit, der
       Überwachung enge Grenzen zu setzen. „Eine permanente Filmaufzeichnung
       während der gesamten Fahrzeit ist nicht verhältnismäßig“, erklärt
       Landesdatenschützerin Thiel. Auch in Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein
       werden Fahrgäste deshalb nur zu Beginn der Fahrt fotografiert – dauerhafte
       Filmaufzeichnungen oder das Mitschneiden von Gesprächen während der Fahrt
       sind hingegen nicht zulässig.
       
       Nötig sei, die Sicherheitsinteressen der TaxifahrerInnen und die
       Freiheitsrechte der Fahrgäste, also etwa das Recht auf informationelle
       Selbstbestimmung, gegeneinander abzuwägen, sagt Thiel: „Wir dürfen nicht
       davon ausgehen, dass jeder Fahrgast ein potenzieller Straftäter ist.“
       Würden alle BürgerInnen pauschal unter Kriminalitätsverdacht gestellt und
       jede Taxifahrt deshalb in voller Länge gefilmt, käme dies einer anlasslosen
       Datensammlung gleich. „Und die haben wir auch schon im Fall der sogenannten
       Vorratsdatenspeicherung abgelehnt“, sagt Thiel.
       
       ## 2015 gab es zehn Taxi-Raubüberfälle in Hannover
       
       „Die Angst fährt immer mit“, argumentiert dagegen der Geschäftsführer von
       „Hallo Taxi“, Wolfgang Pettau. Er will seinen FahrerInnen eine
       „größtmögliche Sicherheit“ bieten und kündigt an, die jetzt genehmigte
       Fotoüberwachung zu Beginn der Fahrt schnellstmöglich in all seinen 583
       Wagen installieren zu lassen. Wie viele seiner FahrerInnen bereits Opfer
       einer Straftat geworden sind, hat er nach eigenen Angaben allerdings nicht
       festgehalten.
       
       Insgesamt scheint die Zahl der Taxiüberfälle überschaubar: Im Jahr 2014
       zählte Hannovers Polizei fünf „räuberische Überfälle auf KraftfahrerInnen“,
       ein Jahr später waren es zehn – und damit nur etwa ein Prozent aller in der
       Landeshauptstadt begangenen Raubstraftaten. Datenschutzbedenken kann „Hallo
       Taxi“-Chef Pettau trotzdem nicht nachvollziehen. „Bei Kranken- und
       SchülerInnenfahrten wird das System überhaupt nicht aktiviert“, verspricht
       er. Auch würden die zu Fahrtbeginn gemachten Fotos verschlüsselt und
       könnten nur im Notfall von der Polizei ausgelesen werden.
       
       Nicht unwahrscheinlich ist deshalb, dass bald alle Taxis in der
       Landeshauptstadt videoüberwacht werden. Zwar ist Ingo Schröder,
       Geschäftsführer des „Hallo Taxi“-Konkurrenten „Mein Taxi“, überrascht, dass
       Datenschützerin Thiel das Pilotprojekt überhaupt genehmigt hat: „Bisher
       hieß es immer, eine Videoüberwachung im öffentlichen Nahverkehr, zu dem ja
       auch Taxis zählen, sei schwierig.“ Aktuell streitet die Datenschutzbehörde
       mit dem Nahverkehrsunternehmen Üstra vor Niedersachsens
       Oberverwaltungsgericht darüber, ob die permanente Videoüberwachung von
       Hannovers Bussen und Straßenbahnen rechtmäßig ist (siehe Kasten). „Über die
       Einführung des jetzt genehmigten Systems werden wir aber auf jeden Fall
       nachdenken“, sagt „Mein Taxi“-Chef Schröder.
       
       1 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Wyputta
       
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