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       # taz.de -- Gabriel stoppt chinesischen Firmenkauf: Aixtron-Verkauf wird überprüft
       
       > Das Wirtschaftsministerium stoppt den Aixtron-Verkauf an einen
       > chinesischen Investor. Die Übernahme des Chip-Anlagenbauers wird erneut
       > geprüft.
       
   IMG Bild: Die Übernahme von Aixtron wird zum Politikum
       
       Düsseldorf/Berlin rtr | Die Übernahme und erhoffte Rettung des
       angeschlagenen Chip-Anlagenbauers Aixtron durch einen chinesischen Investor
       wird zum Politikum. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel widerrief die
       am 8. September erteilte Unbedenklichkeitsbescheinigung und will die
       Übernahmepläne des Investors Fujian Grand Chip Investment (FGC) nochmals
       unter die Lupe nehmen lassen.
       
       Eine Sprecherin der Ministeriums sagte am Montag in Berlin: „Gabriel hat
       jenseits des Falles Aixtron mehrfach darauf hingewiesen, dass wir überlegen
       müssen, wie wir mit Ländern umgehen, die nicht so offen mit Übernahmen
       umgehen.“ Der Vorgang könnte sich auch auf das Münchener
       Traditionsunternehmen Osram auswirken, das ins Visier des chinesischen
       Halbleiterkonzerns San'an Optoelectronics geraten ist.
       
       Eigentlich schien die Übernahme des defizitären Spezialanlagenbauers
       Aixtron durch die Chinesen in trockenen Tüchern. Nach einer Senkung der
       Mindestannahmeschwelle auf 50,1 von 60 Prozent haben die Aktionäre dem
       Investmentfonds des Geschäftsmanns Zhendong Liu inzwischen rund 64 Prozent
       ihrer Anteilsscheine zum Kauf angedient. Die verlängerte Angebotsfrist
       endete am Freitag. Wieviele Aktien genau angeboten wurden, wird in den
       kommenden Tagen veröffentlicht.
       
       Die Anleger reagierten auf die neuerliche Prüfung der Offerte geschockt.
       Die Aktie brach um über acht Prozent ein. Das sei eine böse Überraschung,
       kommentierte Harald Schnitzer, Analyst bei der DZ Bank.
       
       Das Ministerium wollte am Montag nichts zum Grund und zur Dauer der neuen
       Prüfung bei Aixtron sagen. Im Umfeld der Beteiligten wurde die Vermutung
       laut, neue Informationen könnten den Meinungsumschwung im Ministerium
       ausgelöst haben. Aixtron kündigte an, mit dem Ministerium zusammenarbeiten
       zu wollen. Bis zum 28. Februar 2017 müssen alle Angebotsbedingungen erfüllt
       sein, andernfalls erlischt das Übernahmeangebot.
       
       ## Fatale Folgen
       
       Für die seit Jahren defizitäre Aixtron könnte das Scheitern der Übernahme
       nach Einschätzung von Firmenchef Martin Goetzeler fatale Folgen haben.
       „Würden wir allein weitermachen, müssten wir uns gegebenenfalls aufgrund
       der beschränkten finanziellen Ressourcen stärker fokussieren und Stellen
       abbauen“, hatte er Reuters zuletzt gesagt. Er hatte längere Zeit nach einem
       zahlungskräftigen Investor Ausschau gehalten. Mit FGC glaubt er, den Retter
       gefunden zu haben. Er verspricht sich einen besseren Zugang zum
       chinesischen Markt und das nötige Kapital für Forschung und Entwicklung.
       Die Chinesen versicherten zudem, Aixtron operativ unangetastet zu lassen.
       
       Zahlreiche Aixtron-Aktionäre hatten allerdings auf der Hauptversammlung im
       Frühjahr gegen die Übernahmepläne gewettert. Sie fürchten den Abfluss von
       Know-how und hielten das Angebot von sechs Euro pro Aktie für zu niedrig.
       Der Kurs der Aixtron-Aktie war eingebrochen, nachdem der chinesische Kunde
       und Osram-Interessent San'an Optoelectronics einen Großauftrag
       zusammengestrichen hatte. San'an finanziert indirekt auch die
       Aixtron-Offerte mit, wie Liu kürzlich einräumte.
       
       FGC bietet über das Vehikel Grand Chip Investment insgesamt 676 Millionen
       Euro für das 1983 aus der Aachener Hochschule RWTH hervorgegangene
       Unternehmen mit seinen rund 750 Mitarbeitern. Aixtron produziert
       Chipanlagen zur Herstellung von Leuchtdioden (LED), die in der
       Unterhaltungselektronik, der Autoindustrie und bei industrieller
       Beleuchtung zum Einsatz kommen.
       
       Für Gabriel könnte sich der Fall Aixtron zu einer Belastung der politischen
       Gespräche auswachsen, die er in der nächsten Woche bei einem China-Besuch
       führen will. Der Minister hatte in der Vergangenheit dem Land wiederholt
       unfaire Handels- und Übernahmepraktiken vorgeworfen. Mit einem
       Eckpunkte-Papier unternahm er vor wenigen Tagen die Initiative, um
       unliebsame Übernahmen von strategisch bedeutsamen heimischen Firmen durch
       außereuropäische Investoren stoppen zu können.
       
       24 Oct 2016
       
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