# taz.de -- Kommentar gestiegene Rüstungsexporte: Ohne Munition gegen den IS? Absurd!
> Steigende Waffenexporte lassen sich nicht beschönigen. Oder doch? Wenn
> der Westen den IS nicht selbst bekämpfen will, müssen es andere tun.
IMG Bild: Die Bundeswehr überlässt es lieber den kurdischen Peschmerga, den IS zu bekämpfen
Wann immer Sigmar Gabriel einen neuen Rüstungsexportrekord beichten muss,
bedient er sich einer simplen Mahnung: Das Gesamtvolumen der genehmigten
Exporte sage nichts aus, seine Kritiker sollten lieber auf die einzelnen
Entscheidungen blicken. Ein durchschaubarer Versuch, um von den steigenden
Genehmigungszahlen abzulenken – ganz unberechtigt ist der Einwand trotzdem
nicht.
Nehmen wir zum Beispiel den Anstieg bei der Lieferung von Kleinwaffen und
deren Munition an den Irak. Ein besonders tödliches Rüstungsgut für ein
Bürgerkriegsland in einer Krisenregion. Auf den ersten Blick ist das ein
mittlerer Skandal.
Tatsächlich birgt dieses Geschäft Risiken. Niemand weiß, wie viele
Zivilisten mit diesen Waffen getötet werden. Niemand weiß, wie viele
Angehörige der sunnitischen Minderheiten mit diesen Waffen bedroht und
vertrieben werden. Niemand weiß, in welche Hände diese Waffen mittelfristig
geraten. Schon gar niemand weiß, wie die Region in fünf, zehn oder fünfzehn
Jahren aussehen wird und in welchen Kriegen die Waffen dann zum Einsatz
kommen. Vertragsklauseln, Endverbleibskontrollen und politischer Druck auf
die Empfänger können die Gefahren zwar eindämmen, ein Restrisiko besteht
trotzdem.
Auf der anderen Seiten hat der Irak aber ein berechtigtes Interesse daran,
dem „Islamischen Staat“ (IS) in Mossul und anderswo ein Ende zu bereiten.
Aus guten Gründen wollen westliche Staaten das Land dabei nicht mit einer
massiven Intervention am Boden unterstützen. Also müssen die Iraker die
Aufgabe selbst erledigen.
## Es muss ein Plan her für die Zeit nach den Rückeroberungen
Pistolen, Gewehre und Kugeln reichen aber nicht, um den IS zu bezwingen.
Für einen Sieg über die Extremisten und einen dauerhaften Frieden braucht
es einen Plan – auch für die Zeit nach der militärischen Eroberung und für
ein gleichberechtigtes Miteinander der Bevölkerungsgruppen. Mit der viel
zitierten Yoga-Matte alleine lässt sich der IS aber auch nicht besiegen.
Deshalb ist die Entscheidung der Bundesregierung vertretbar,
Waffenlieferungen an den Irak zu genehmigen.
Sigmar Gabriel ist damit nicht entlastet. Die Exportgenehmigungen des
ersten Halbjahrs haben ein Gesamtvolumen von über vier Milliarden Euro. Es
gibt keine Rechtfertigung dafür, dass die deutsche Wirtschaft
beispielsweise Saudi-Arabien für seinen Krieg im Jemen ausrüsten darf. Es
ist aber auch nicht jede Exportgenehmigung schon deswegen falsch, weil
Sigmar Gabriel seine Unterschrift darunter setzt.
26 Oct 2016
## AUTOREN
DIR Tobias Schulze
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