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       # taz.de -- Urteil zu gemeinnützigem Status: Attac darf gefördert werden
       
       > Das Finanzgericht Kassel entscheidet zugunsten von Attac. Spenden an die
       > Organisation können weiter von der Steuer abgesetzt werden.
       
   IMG Bild: Gar kein Mist: Aktionen von Attac dienen nun offiziel der Volksbildung
       
       Kassel taz | Die Globalisierungskritiker von Attac sind wieder
       gemeinnützig. Das Finanzgericht Kassel korrigierte an diesem Donnerstag
       eine anderslautende Entscheidung des Finanzamts Frankfurt am Main.
       
       Das Attac-Netzwerk setzt sich seit 1998 für gerechten Welthandel und eine
       globale Steuer auf Finanztransaktionen ein. Attac kämpft gegen
       Freihandelsabkommen wie TTIP und die Sparpolitik in Europa. Derzeit hat
       Attac knapp 30.000 Mitglieder und rund 165 Regionalgruppen.
       
       Jahrelang stuften die Finanzbehörden Attac als gemeinnützig ein. Erst 2014
       entzog das Finanzamt Frankfurt der Organisation den begehrten Status.
       
       Begründung: In den Jahren 2010 bis 2012 habe Attac vor allem politische
       Kampagnen durchgeführt. Der Einsatz für politische Forderungen sei
       allerdings nicht gemeinnützig.
       
       Zwei Kampagnen stießen besonders auf Kritik. So habe sich Attac gegen ein
       geplantes Sparpaket gewandt und stattdessen die Einführung einer
       Vermögensteuer propagiert.
       
       Außerdem habe Attac gegen eine Übernahme des Textilversands „Hess natur“
       durch Finanzinvestoren agitiert. Das sei Tagespolitik, die nichts mit den
       gemeinnützigen Zwecken „Förderung der Volksbildung“ und „Förderung des
       demokratischen Staatswesens“ zu tun habe.
       
       ## Weit gefasster Bildungsbegriff
       
       Seitdem konnten Spenden an den Attac-Verein nicht mehr von der Steuer
       abgesetzt werden. Da Attac das Problem offensiv thematisierte, gingen die
       Spenden dennoch nicht zurück, sondern stiegen sogar an. „Allerdings hatten
       wir Probleme bei der Zusammenarbeit mit manchen Stiftungen, die nur
       gemeinnützige Projekte fördern“, erläuterte der Vereinsvorstand Dirk
       Friedrichs.
       
       Vor dem Finanzgericht Kassel argumentierte Attac-Anwalt Till
       Müller-Heidelberg, jegliche Attac-Aktivität diene der Volksbildung: „Auch
       die Aufklärung über gesellschaftliche und wirtschaftliche Zusammenhänge ist
       Bildung. Nur wer Alternativen zur herrschenden Politik kennt, kann als
       kritischer Staatsbürger selbstbewusst entscheiden.“
       
       Der Vertreter des Finanzamts konnte mit dieser Definition von Bildung aber
       wenig anfangen: „Erst definieren Sie ein politisches Ziel und wenn Sie sich
       dann dafür einsetzen, nennen Sie das ‚Bildung‘.“
       
       Das hessische Finanzgericht folgte jedoch Attac und vertrat ebenfalls einen
       weiten Bildungsbegriff. „Wenn man über ökonomische Grundlagen informiert,
       gehört dazu, dass man Alternativmodelle vorstellt und auch erläutert, wie
       sie im Einzelfall funktionieren würden“, sagte der Vorsitzende Richter
       Helmut Lotzgeselle.
       
       Auch der Begriff „Förderung des demokratischen Staatswesens“ sei weit
       auszulegen. Dazu gehöre auch der Einsatz für den Sozialstaat und für
       Steuergerechtigkeit.
       
       Das Finanzgericht ließ keine Revision zu. „Das war eine
       Einzelfall-Entscheidung“, betonte Lotzgeselle. Man habe nur Vorgaben des
       Bundesfinanzhofs angewandt und keine neuen Grundsätze aufgestellt.
       
       10 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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