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       # taz.de -- Kabinettsbeschluss am Mittwoch möglich: Weniger CO2, mehr Elektroautos
       
       > Kann Deutschland doch noch etwas vorlegen bei der Klimaschutzkonferenz in
       > Marokko? Die Bundesregierung diskutiert über den „Klimaschutzplan 2050“.
       
   IMG Bild: Muss wohl doch nicht mit leeren Händen in Marrakesch erscheinen: Barbara Hendricks
       
       Berlin rtr | Nach monatelangem Ringen diskutiert die Bundesregierung weiter
       über einen gemeinsamen „Klimaschutzplan 2050“. „Wir haben Fortschritte
       gemacht“, sagte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums an Dienstag, Die
       Gespräche zwischen den Ressorts dauerten aber an. Er widersprach damit
       Berichten, wonach die Einigung de facto bereits erreicht sei. Zuvor hieß
       es, die Staatssekretäre der Ministerien hätten sich am Montag auf einen
       gemeinsamen Entwurf verständigt.
       
       Der Plan sei zwar noch nicht von allen Ministern formal abgenickt worden,
       ein Veto gelte aber als unwahrscheinlich, hieß es diesen Berichten zufolge.
       Ob das Bundeskabinett am Mittwoch tatsächlich den Klimaschutzplan für die
       Zeit bis 2050 beschließen wird, ist jedoch offensichtlich noch nicht
       gesichert. „Wir arbeiten daran, Mittwoch ins Kabinett zu kommen“, sagte der
       Sprecher lediglich. Sollte der Beschluss zustandekommen, könnte
       Umweltministerin Barbara Hendricks nächste Woche zur Weltklimakonferenz
       nach Marrakesch fliegen, um ihn dort zu präsentieren.
       
       Die Grünen nannten den Entwurf unambitioniert und eine Blamage für
       Deutschland auf internationaler Bühne. Vor allem der Ausstieg aus der
       klimaschädlichen Kohle werde nicht angegangen.
       
       In dem aktuellen Entwurf des Plans sind CO2-Einsparziele für alle Sektoren
       bis 2030 wieder verankert. Diese Zwischenziele waren in früheren Versionen
       herausgefallen, weil sie in verschiedenen Ministerien auf Widerstand
       trafen. Jetzt ist beschlossen, dass die Kraftwerke ihren CO2-Ausstoß bis
       2030 noch einmal halbieren sollen (im Vergleich zu 2014).
       
       Im Gebäudesektor sollen mindestens ein Drittel der Emissionen vermieden
       werden. Der Verkehr wird verpflichtet, um die 45 Prozent weniger
       Treibhausgas ausstoßen. Dieser Sektor hatte in den vergangenen zehn Jahren
       trotz effizienterer Motoren wegen des Verkehrswachstums fast gar kein CO2
       eingespart. Die Industrie mit gut einem Viertel muss vergleichsweise wenig
       einsparen. In der Landwirtschaft sind es gar nur 15 Prozent. Insgesamt wird
       so eine CO2-Minderung bis 2030 im Vergleich zu 1990 von rund 55 Prozent
       erreicht.
       
       ## Kommission zum Kohleausstieg soll kommen
       
       Sehr hart gerungen wurde um das Thema Braunkohle, die besonders
       klimaschädlich ist und in Deutschland in der Lausitz und im
       niederrheinischen Revier noch im großen Stil abgebaut und verstromt wird.
       „Neue Kohlekraftwerke und Tagebauerweiterungen würden zu Fehlinvestitionen
       führen und werden daher unterbleiben“, heißt es. „Für die Braunkohlereviere
       werden neue industriepolitische Perspektiven entwickelt.“
       
       In diesem Zusammenhang soll auch eine Kommission eingesetzt werden, die bis
       Mitte 2018 Vorschläge entwickeln soll, wie die Einsparziele konkret
       umgesetzt werden könne. Praktisch wird es dabei auch um den Zeitpunkt zum
       Ausstieg aus der Kohleindustrie gehen. Zu diesem werden keinerlei Daten
       genannt.
       
       Wichtigstes Instrument in Europa ist dabei der Emissionshandel, bei dem
       CO2-Verschmutzungsrechte für Kraftwerke und Industrie auf dem Markt
       ersteigert werden müssen. Derzeit funktioniert dieser Handel aber kaum, da
       zuviele Verschmutzungs-Zertifikate auf dem Markt sind und so billig
       zugekauft werden können. Die Bundesregierung will sich daher für die
       „Einführung eines Mindestpreises“ für die Zertifikate auf europäischer
       Ebenen einsetzen, heißt es im Konzept.
       
       ## Elektromobilität fördern
       
       Im Verkehrsbereich war lange strittig, ob nach 2030 noch Autos ohne
       elektrischen oder anderen klimaschonenden Antrieb neu zugelassen werden
       dürfen. „Neuwagen sollten dann mit Technologien ausgestattet sein, die
       grundsätzlich dazu in der Lage sind, unabhängig von fossilen Kraftstoffen
       betrieben zu werden“, heißt es nun deutlich vorsichtiger als in früheren
       Versionen.
       
       Allerdings will die Bundesregierung ihre Förderung der Elektromobilität
       regelmäßig überprüfen und anpassen. Zuletzt hatte sie hier eine Kaufprämie
       beschlossen, die bislang jedoch zurückhaltend genutzt wird. Geprüft werden
       soll eine „aufkommensneutrale Weiterentwicklung der Abgaben und Umlagen“ im
       Verkehr, um umweltfreundliche Verkehrsmittel zu fördern. Dies könnte
       beispielsweise die Mineralölsteuer sein.
       
       In der Landwirtschaft soll der Einsatz von Stickstoffdünger deutlich
       reduziert werden, der Ökolandbau auf einen Fünftel der bewirtschafteten
       Fläche ausgedehnt werden. Forderungen nach einer Einschränkung der
       Fleischproduktion oder einer höheren Mehrwertsteuer auf Fleisch finden sich
       anders als in früheren Entwürfen nun nicht mehr.
       
       Grünen-Vize-Fraktionschef Oliver Krischer kritisierte, mit dem Plan gehöre
       Angela Merkel als Klimakanzlerin der Vergangenheit an. „Die Bundesregierung
       blamiert sich auf internationaler Bühne“, sagte er mit Blick auf den
       Weltklimagipfel von Marrakesch. Dort sollen konkrete, weitere Schritte zur
       Umsetzung des Weltklimavertrags von Paris beschlossen werden.
       
       Aus Regierungskreisen hieß es, auch Berichte über weitreichende
       Zielvorgaben für den Ausbau erneuerbarer Energien in dem Klimaschutzplan
       seien nicht korrekt. So würden im dem Textentwurf etwa gar keine Aussagen
       zu Ökostromanteilen getroffen, hieß es.
       
       8 Nov 2016
       
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