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       # taz.de -- Initiative zu rechtsextremen Immobilien: Demokratiezentren statt Naziläden
       
       > Kommunen sind immer wieder mit Neonazi-Treffs konfrontiert. Nun die Idee:
       > Gibt es dort Straftaten, sollten die Gebäude gemeinnützig werden.
       
   IMG Bild: Verbarrikadiert und in der rechten Szene fest verankert: das Thinghaus in Grevesmühlen (Archivbild 2012)
       
       BERLIN taz | Erst wenige Wochen ist es her, da lud das Thinghaus zu einem
       Konzert. Drei Szenebands traten in dem Neonazitreff auf, der sich hinter
       hohen Holzzäunen in Grevesmühlen in Mecklenburg-Vorpommern verbirgt. Die
       Einnahmen gingen auch an einen speziellen Adressaten: Ralf Wohlleben. Der
       ist im NSU-Prozess als Waffenbeschaffer der Rechtsterroristen angeklagt.
       
       Für die Stadt war das ein erneuter Affront. Seit Jahren schon feiern
       Rechtsextreme im Thinghaus Konzerte und Grillfeste, auch Rocker waren schon
       zu Gast. Der Verfassungsschutz attestiert dem Treff eine „überregionale
       Bedeutung“ für die Szene.
       
       Geht es nach mehreren Demokratie-Initiativen könnte solchen Neonazitreffs
       bald ein besonderes Schicksal blühen. Denn derzeit berätder Bundestag über
       einen Gesetzentwurf zur „strafrechtlichen Vermögensabschaffung“: Damit soll
       es künftig leichter werden, kriminell erbeutetes Vermögen durch den Staat
       zu beschlagnahmen. Bisher können die Täter dieses oft behalten.
       
       Die Verbände dringen nun auf eine Sonderklausel in dem neuen Gesetz – und
       reichten dazu kürzlich eine Stellungnahme ein. Werden künftig rechtsextreme
       Immobilien beschlagnahmt, etwa nach einem Kameradschaftsverbot oder
       kriminellen Geschäften, sollen diese danach gezielt weitergenutzt werden:
       als gemeinnützige Einrichtung. „Aus Naziläden könnten so Demokratiezentrum
       werden“, sagt Tobias Scholz von der Amadeu-Antonio-Stiftung, die die
       Stellungnahme mitunterzeichnet hat.
       
       ## „Wirkungsvolles Repressionsinstrument“
       
       Die rechtsextremen Treffs schufen oft Angsträume, vielfach gingen von ihnen
       Angriffe und rechte Propaganda aus. Die Klausel wäre dagegen „ein
       wirkungsvolles Repressionsinstrument“, findet Scholz.
       
       Die Verbände treffen sich zu diesem Thema eigens ab Donnerstag zu einer
       Konferenz in Berlin. Und sie verweisen auf eine EU-Richtlinie von 2014.
       Dort heißt es, die Mitgliedstaaten sollten Maßnahmen ermöglichen, um
       „eingezogene Vermögensgegenstände für Zwecke des öffentlichen Interesses
       oder soziale Zwecke zu verwenden“.
       
       Unterstützung kommt auch aus der Politik. Die Grünen-Innenpolitikerin
       Monika Lazar hält den Vorschlag für „einen guten Ansatz“. Je nach der
       Straftat, die mit dem Gebäude verknüpft seien, könnte ein Träger gewählt
       werden, der genau dazu präventiv arbeitet. „Das hätte eine besonders hohe
       Symbolkraft“, betont Lazar.
       
       Im Bundesjustizministerium, das den Gesetzentwurf verantwortet, hält man
       sich bedeckt. Eine Sprecherin verweist aber darauf, dass die Bundesländer
       schon heute über eingezogene Gegenstände frei verfügen könnten. „Damit
       kommt grundsätzlich auch eine Verwendung zu gemeinnützigen Zwecken in
       Betracht.“
       
       So wurde tatsächlich 2015 in Dortmund im früheren Zentrum des verbotenen
       „Nationalen Widerstands“ ein Jugendcafé eröffnet – samt „Respekt-Büro“ des
       Jugendamtes. Es war ein bewusstes Zeichen der Stadt. Und für die Verbände
       ein vorbildliches Vorgehen. Nun wollen sie dieses auch gesetzlich
       festschreiben lassen.
       
       10 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Konrad Litschko
       
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