URI: 
       # taz.de -- Jack Londons 100. Todestag: Kämpfe um ein bisschen Leben
       
       > Jack Londons Stil ist klar und einfach – aber ganz gewiss nicht
       > oberflächlich. Der Abenteurer wäre sogar fast Präsidentschaftskandiat
       > geworden.
       
   IMG Bild: In der Verfilmung von „Der Seewolf“ spielten Raimund Harmstorf (r.) und Edward Meeks
       
       Versteckt im Rahmen eines Güterwagens durch den Westen. Auf Goldsuche am
       Klondike. Als Austernpirat in der San Francisco Bay. Wer Jack London liest,
       taucht ab ins Abenteuer. Weil seine Bücher so leicht und eingängig zu lesen
       sind, werden sie bisweilen als Werke minderer Güte bewertet, geeignet
       bestenfalls für pubertierende Jungs mit Hang zur großen, weiten Welt.
       
       Das ist mehr als ungerecht. Jack Londons Stil ist klar und einfach, aber
       London ist ganz gewiss nicht oberflächlich. Er hat den Landstreichern, den
       Deklassierten, Knastbrüdern, Säufern und Ausgebeuteten in Amerika ein
       Denkmal gesetzt. Wer seine autobiografische Geschichte über das furchtbare
       Leben im Gefängnis – abgedruckt in „Abenteurer des Schienenstrangs“ –
       liest, für den ist „Klassenjustiz“ nicht länger nur ein abgeschmackter
       Kampfbegriff.
       
       Jack London, der am Dienstag vor einhundert Jahren verstorben ist, hat sich
       seine Geschichten nicht am Schreibtisch ausgedacht. Er hat sie selbst
       erlebt. Der Autodidakt, aufgewachsen als John Griffith Chaney in einer
       bettelarmen Familie in San Francisco, hat in Berkeley ohne Abschluss
       studiert, er hat in Kneipen und einer Konservenfabrik gejobbt, war
       Schiffseigner, Landstreicher, Hilfspolizist, Goldsucher, Landwirt,
       Weltreisender – und Sozialist.
       
       Es ist nicht so, dass die Solidarität unter den Abgehängten im Mittelpunkt
       seiner Werke stünde – ganz im Gegenteil beschreibt London die erbitterten
       Kämpfe um ein bisschen Leben. Als Mitglied der Sozialistischen Partei aber
       focht er mit seinen Texten für die Unterdrückten, und das so erfolgreich,
       dass ihn die Partei zum Präsidentschaftskandidaten machen wollte. Das aber
       war London zu viel. Er entwischte lieber nach Tahiti.
       
       Anfangs wollte niemand seine Storys drucken, am Ende war London ein
       gefeierter Erfolgsautor, rastlos und getrieben, der mehr als 1.000 Wörter
       am Tag zu Papier brachte.
       
       „Ich will lieber, dass mein Funke in einer hellen Flamme ausbrennt, als
       dass er in Fäulnis erstickt“, schrieb Jack London. So hat er gelebt – mit
       60 Zigaretten täglich, Whiskey schon zum Frühstück, Abenteuer nicht nur im
       Kopf. Und so ist er im Alter von nur 40 Jahren gestorben.
       
       21 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Hillenbrand
       
       ## TAGS
       
   DIR Reisen
   DIR Alaska
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kolumne Generation Camper: Vagabund, Zeitschinder, Kletterer
       
       Der französische Reisejournalist Sylvain Tesson klettert auf Kirchtürme und
       hat ein Buch über die Unermesslichkeit der Welt geschrieben.
       
   DIR Hundeschlittenrennen bei Minus 50 Grad: Der Hase, den die Meute hetzt
       
       Eisstürme und menschenleere Wildnis: Der Yukon Quest, auf 1.600 Kilometern
       zwischen dem Yukon Territory und Alaska, gilt als härtestes Rennen der
       Welt.
       
   DIR "Der Seewolf" neu im TV: Körper frisst Geist
       
       Die Geschichte mit der rohen Kartoffel: Sebastian Koch schlägt sich durch
       den Zweiteiler "Der Seewolf" (So. und Mi., 20.15 Uhr, ZDF). Die Brutalität
       erschreckt, dann ermüdet sie.