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       # taz.de -- Derby ohne Schmähungen: Osnabrück putzt Lotte weg
       
       > Mit Siegen gegen Bundesligateams im DfB-Pokal haben die Spieler der
       > Sportfreunde Lotte Eindruck gemacht – nur nicht auf den VfL Osnabrück.
       
   IMG Bild: Hätte auch nichts mehr genützt: Lottes Bernd Rosinger scheitert in der Nachspielzeit gegen Osnabrücks Keeper Marius Gersbeck
       
       OSNABRÜCK taz | Umkämpftes Derby oder nettes Nachbarschaftsduell? Diese
       Frage wurde vor dem Drittliga-Spiel des VfL Osnabrück gegen die
       Sportfreunde Lotte diskutiert. Zum ersten Mal trafen die beiden Teams in
       einem Punktspiel aufeinander. Die Gemeinde Lotte liegt direkt hinter der
       Stadtgrenze Osnabrücks in Nordrhein-Westfalen. Am Ende zeigte der VfL dem
       Nachbarn, wer es drauf hat. Osnabrück siegte 3:0.
       
       Von einem heißen Derby konnte am Samstag trotz des ausverkauften Stadions
       und sechs gelber Karten aber nicht die Rede sein. Es gab keine Schmähungen,
       keine Beleidigungen in Richtung der gegnerischen Fans – und es gab keine
       gewalttätigen Ausschreitungen.
       
       Fußballerisch nahm die Partie früh Fahrt auf und wurde zu einem echten
       Top-Spiel. Die unerfahreneren Lotter gaben jedoch ihren Spielfluss auf, als
       einige Spieler mit Schiedsrichterentscheidungen haderten und die Contenance
       verloren. Es war kein dreckiges Spiel wie in so vielen Derbys, sondern
       guter, sauberer Spaß.
       
       Die Fans der Sportfreunde verhielten sich angesichts der 0:3-Niederlage
       überwiegend still. Echte Derby-Stimmung wie in den Spielen des VfL gegen
       die Spieler aus dem 50 Kilometer von Osnabrück entfernten Münster kam nur
       kurzweilig nach ein paar Fouls auf.
       
       Mit T-Shirts, auf denen zu lesen war „Hurra, das ganze Dorf ist da“,
       füllten die Fans der Sportfreunde die Gästetribüne. Als sie zu Beginn der
       zweiten Halbzeit ein Banner mit dem Dorf-Spruch entrollen wollten, gelang
       dies jedoch nicht. Das müssen die Lotter wohl noch üben. Das Stadion an der
       Bremer Brücke in Osnabrück hätte tatsächlich alle 14.000 Einwohner Lottes
       aufnehmen können. Es kamen aber nur zehn Prozent von ihnen – mit eigener
       Polizeieskorte, die die Fan-Busse zum Stadion geleitete.
       
       Eine Anreise von 16.000 Kilometern hatte Cuong Tu absolviert, um am Samstag
       dabei zu sein. Der Inhaber einer lebenslangen Dauerkarte reiste aus Sydney
       in Australien zum Spiel. Als Kind habe der Vietnam-Flüchtling in Osnabrück
       gelebt und sei Fan des VfL geworden, erzählte er vor dem Spiel im Gespräch
       mit den Stadionsprechern. Als es dem Verein vor drei Jahren finanziell noch
       schlechter ging als heute, hat er die „Retterkarte“ gekauft. Das Match
       gegen Lotte war das erste Spiel seit seiner Kindheit, das er im Stadion
       sehen konnte.
       
       Nach Siegen gegen die Bundesligisten Werder Bremen und Bayer Leverkusen im
       DFB-Pokal haben die Sportfreunde Lotte bundesweit für Furore gesorgt. Ihr
       Aufstieg hängt unmittelbar mit Sportobmann Manfred Wilke zusammen. Der ist
       sich nicht zu schade, den Rasen im Stadion zu mähen oder im vergangenen
       Sommer beim Bau der neuen Tribüne im Stadion am Lotter Kreuz tatkräftig mit
       anzupacken.
       
       Wilke stieg 1988 in den Dorfverein ein, als der noch in der Bezirksliga
       spielte. Damals, so geht die Legende, soll der Geschäftsführer eines
       Ingenieurbüros gesagt haben, dass er und die Sportfreunde eines Tages vor
       dem VfL stehen werden. Mittlerweile wurde dieser Wunsch – zumindest
       kurzfristig in der Drittliga-Tabelle – Wirklichkeit.
       
       Zwischen den Vereinen gibt es Konflikte. Vor allem seitdem vor drei Jahren
       der damalige Lotter Trainer Maik Walpurgis nach einem langen Hick-Hack zum
       VfL gelotst wurde. Erst verloren die Sportfreunde Lotte mit Walpurgis in
       der Relegation zum Aufstieg in die 3. Liga gegen die Marketingabteilung von
       Red Bull Leipzig. Dann verlor das Team auch noch ihren Trainer. Und der
       bediente sich im Kader der Sportfreunde und lockte einige Spieler zum VfL
       Osnabrück.
       
       Doch Wilke bewies Nehmerqualitäten. Er baute – wie fast in jeder Saison –
       ein neues Team auf und zauberte mit Trainer Ismail Atalan ein echtes Talent
       hervor. Er hatte vorher den Kreisligisten Davaria Davensberg und den
       Bezirksligisten SC Roland Beckum trainiert. Und in diesem Sommer gelang ihm
       mit den Sportfreunden Lotte der Aufstieg in die 3. Liga. Eben der Liga, in
       der auch der VfL Osnabrück spielt.
       
       27 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Wübker
       
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