# taz.de -- Behindertensportlerin des Jahres: Eine Optimistin mit acht Beinen
> Nach dem Verlust ihrer Unterschenkel rieten Ärzte Vanessa Low zum
> Rollstuhl. Sie wollte Prothesen. In Rio gewann sie 2016 zwei Medaillen.
IMG Bild: Vanessa Low nach ihrem 100-Meter-Sprung bei den Paralympischen Spielen von Rio de Janeiro
Sie habe acht Beine, sagt Vanessa Low gern mal, jeweils zwei Prothesen für
den Alltag und zwei für den Sport. Die Gehhilfen aus Karbon, die an ihren
Oberschenkeln sitzen, haben Low weit gebracht: Bei den Paralympischen
Spielen von Rio de Janeiro gewann sie in ihrer Schadensklasse die
Goldmedaille im Weitsprung: 4,93 Meter. Weltrekord. Dazu noch Silber über
100 Meter.
Am Wochenende ist Low nun zur „Behindertensportlerin des Jahres“ gewählt
worden, auf einer Veranstaltung, die es so zum ersten Mal gab. Bei den
Männern wurde Niko Kappel, 21, ausgezeichnet; der kleinwüchsige Kugelstoßer
hatte bei seiner Paralympics-Premiere mit 13,57 Metern und einem Zentimeter
Vorsprung vorm polnischen Weltmeister Bartosz Tyszkowski gesiegt.
Dass Low in Rio so gut abschneiden konnte, war einer medizinischen
Wunderheilung zu verdanken. An einem der Oberschenkelstümpfe der
26-Jährigen hatte sich eine Verdickung gebildet, die die Ärzte erst wenige
Tage vor ihrem ersten Start aufschnitten. Aber es ging verblüffend schnell
mit der Genesung – was wohl auch damit zu tun hatte, dass Low eine
eingefleischte Optimistin ist.
Das Schicksal ist etwas, das man bedingungslos anzunehmen hat, ohne Wenn
und Aber, findet die Leichtathletin. Nach ihrem Unfall im Jahre 2006 auf
einem Bahnsteig in Ratzeburg, als sie beide Unterschenkel verlor,
beschäftigte sie sich nicht lang mit der Schuldfrage. Sie mochte nur in
eine Richtung blicken, in die Zukunft. Und sie wollte – so abgeschmackt das
in ihrem Fall auch klingen mag – wieder auf die Beine kommen. Einfach
laufen, so wie früher.
Die Ärzte rieten der gebürtigen Schwerinerin zum Rollstuhl. Sie aber
bevorzugt den aufrechten Gang, auch wenn sie sich in der Lauflernphase
durch Stürze Arm und Ellenbogen brach. Ihr Wille, ganz ins Leben
zurückzukehren, hat sie auf den sportlichen Olymp geführt.
Vorher schaute sie noch in Amerika vorbei. Low trainiert seit ein paar
Jahren in Oklahoma City beim Paralympioniken Roderick Green und kümmert
sich im Fernstudium um digitale Medien. Dem Herrn Green hat sie nach ihrem
Sieg am Zuckerhut sehr eindrücklich gedankt. Sein Name steht nun auf ihrem
Arm.
27 Nov 2016
## AUTOREN
DIR Markus Völker
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