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       # taz.de -- Schach-WM vor der Entscheidung: Das Armageddon wartet
       
       > Das Duell zwischen Carlsen und Karjakin wird spektakulär entschieden:
       > durch verkürzte Bedenkzeit und ein mögliches „Armageddon-Spiel“.
       
   IMG Bild: Magnus Carlsen (l.) und Herausforderer Sergej Karjakin
       
       Risiko? Nein, danke! Magnus Carlsen entschuldigte sich in New York für
       seinen schwachen „Aufschlag“: Trotz der weißen Steine und dem damit
       verbundenen Recht, die Partie zu eröffnen, räumte der Schachweltmeister aus
       Norwegen schlussendlich bereitwillig alle Figuren von Sergej Karjakin zum
       Endstand von 6:6 ab.
       
       Der Russe hatte mit Schwarz auch nichts gegen den Generalabtausch
       einzuwenden. Nach nur 40 Minuten und der damit kürzesten WM-Partie war
       alles vorbei. Carlsen wusste, dass die Fans „ein längeres Duell erwarteten
       und frustriert sahen, dass keiner mehr in den letzten Minuten der Spielzeit
       ein Tor erzielen will“.
       
       Als Kompensation erhielten sie zwar noch kein „Elfmeterschießen“, wie der
       Anhänger des FC Barcelona weitere Fußball-Analogien bemühte, aber am
       Mittwoch (20 Uhr MEZ) eine „aufregende Verlängerung. Das ist doch auch
       etwas als Ausgleich.“ Das sieht der Weltklasse-Großmeister Francisco
       Vallejo Pons genauso und freute sich diebisch über die rasche
       Punkteteilung. Der Spanier twitterte: „Selbst wenn du einen Favoriten hast,
       ist es besser, die Tiebreak-Partien zu sehen! Mehr Spaß! Mehr
       Unterhaltung!“
       
       Karjakin wertete die langweilige Abtauschorgie in 30 Zügen, die neben den
       Königen nur noch je einen Läufer und sieben Bauern übrig ließ, als Erfolg
       für sich: „Mit Weiß hat man einen leichten Vorteil – trotzdem versuchte
       Magnus erst gar nicht, das auszunutzen. Ich möchte ihn nicht wie ein Boxer
       vor dem Kampf angreifen, aber ich spüre eine gewisse Unsicherheit bei
       Magnus. In einer angenehmeren Situation hätte er mit Weiß ganz anders
       gespielt.“
       
       ## Mindestens vier Schnellschach-Partien
       
       Der Norweger räumte zumindest ein, dass das Erreichen des Tiebreaks für ihn
       ein Erfolg ist: „Ich lag schließlich drei Runden vor Schluss mit 4:5 zurück
       – insofern ist die Lage inzwischen wieder viel besser.“
       
       Carlsen freut sich daher auf die Zusatzschicht, auch wenn er sich an seinem
       26. Geburtstag gewiss eine unbeschwerte Feier als alter und neuer
       Weltmeister gewünscht hätte – so hat er immerhin die Möglichkeit, sich
       selbst das größte Geschenk zu machen. Am Mittwochabend kommt es zu
       mindestens vier Schnellschach-Partien. Jeder Akteur erhält dabei nur noch
       25 Minuten Bedenkzeit sowie stets zehn zusätzliche Sekunden als Bonus für
       jeden ausgeführten Zug.
       
       Dabei gilt Carlsen erneut als Favorit, obwohl Karjakin 2012 Weltmeister im
       Schnellschach wurde. In der Schnellschach-Weltrangliste liegt indes der
       Titelverteidiger deutlich vor seinem 26-jährigen Widersacher. Das gilt auch
       für die Blitzpartien, die es nach einem 2:2 gäbe. Gleich fünf mal zwei
       könnten es werden – ein noch dramatischeres Spektakel, weil bei fünf
       Minuten Grundbedenkzeit (plus drei Sekunden Bonus) mehr Fehler programmiert
       sind.
       
       ## Zwei Blitzdenker
       
       Sollte es selbst da keinen Sieger geben, stünde als definitive Entscheidung
       eine „Armageddon-Partie“ an: Der Spieler, der Weiß zugelost bekommt, erhält
       mit fünf Minuten gegenüber vier mehr Bedenkzeit (plus jeweils drei Sekunden
       Bonus ab Zug 60) – muss jedoch gewinnen. Bei einem Remis ginge die WM-Krone
       an Schwarz.
       
       Dass die beiden einstigen Wunderkinder blitzschnell denken, bewiesen sie in
       der letzten regulären Turnierpartie. Vor allem Carlsen sorgte für ein
       bisher wohl einmaliges Kuriosum: Der Norweger hatte am Schluss mehr
       Bedenkzeit auf der Uhr als vor dem ersten Zug! Die digitalen Ziffern
       zeigten 1:45 Stunden an – fünf Minuten mehr als zu Beginn, weil Carlsen 30
       Sekunden Zeitgutschrift pro Zug ansammelte.
       
       29 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hartmut Metz
       
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