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       # taz.de -- Kolumne Jung und dumm: Fick doch deinen Nachttopf, Opa!
       
       > Hat die Linke versagt? Wer hält ihn auf, den Irren? Geht die Welt jetzt
       > unter? Der wirklich letzte Text zur Populismus-Debatte.
       
   IMG Bild: Wenn schon weiser, alter Mann als Bundespräsident, warum dann nicht Harald Schmidt?
       
       Kinderarbeit ist schlimm: Darin sind sich alle einig. Aber gegen die
       gesamtgesellschaftliche Großväterprostitution protestiert mal „wieder
       keiner“ (Dr. Axel Stoll, promovierter Esonazi, irgendwas mit Ironie; tot –
       also kein Opa mehr?). Keine Talkshows mit Treffen der Betroffenen, keine
       „Tatort“-Folgen über die Herkunft der Sex-Opas und ihrer Traumata, kein
       sanftes und doch abruptes Zurückwippen Petra Gersters um genau zwei
       Zentimeter, schaudernd ob des obszönen Agendapettings der Alten.
       
       „Erst die Arroganz der Linken macht Populisten möglich“, [1][schrieb
       Sibylle Berg neulich], deren Haarfarbendouble ich übrigens bin – aber
       machen nicht eher Populisten die Arroganz der Linken möglich? Und was soll
       gegen ihre Macht denn auch anderes helfen als ein bisschen hedonistisches
       Witzeln zur, immerhin, Selbstbefriedigung?
       
       Berg hatte in dem Artikel außerdem ein Video verlinkt, in dem jemand klug
       sagte, es brauche Debatte und Überzeugung statt Beleidigungen. Was ja
       ebenfalls uneingeschränkt zu loben wäre, würden die Mitglieder bestimmter
       Bevölkerungsgruppen auf dem Weg zum Gesprächskreis nur nicht immerzu
       erschossen werden.
       
       „Vielleicht wird ja alles gut“, stand noch da – und plötzlich kam er mir,
       der Trotzgedanke: dass das alles so schlimm schon nicht kommen kann, wie
       sie immer alle sagen; dass die wütenden Proteste gegen ihn doch wirklich
       übertrieben sind; dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sicherlich
       gar kein so schlechtes Staatsoberhaupt werden wird.
       
       Obwohl: Wenn man schon (wieder) einen weisen (alten) Kandidaten der Herzen
       der Massen will, dann sollte man doch Helmut Schmidt nehmen.
       
       Spiegel Online [2][kommentiert die Präsidentenwahlen übrigens
       folgendermaßen]: „Das ist ‚Chinas heißester Opa‘ / 80 Jahre alt und
       durchtrainiert? Wang Deshun beweist, dass dies kein Widerspruch sein muss.
       . . . Sein Künstlername lautet ‚Old Fresh Meat‘. . . Dazu passt sein Alter.
       80 Jahre alt ist Wang Deshun, topfit – und ein gefragtes Modell. . . .
       Seinen Oberkörper begann er mit 50 zu stählen – seitdem geht er ins
       Fitnessstudio.“
       
       Opää sind aber auch selber kreativ. Sie reimen wie Wolf Biermann:
       „Frühzeitig hat man mich geehrt / Nachttöpfe auf mir ausgeleert“
       (Entstehungszeit egal – einmal Opa, immer Opa!). Sie stellen unbequeme
       Fragen: „Ist es ein Zufall, wenn in den Ausrufen von Zuschauern bei
       Feuerwerken dieselben Vokale überwiegen, mit denen sich libidinöse Gefühle
       anzeigen?“ (Sloterdijk).
       
       Sie vermögen es gottgleich, zu spielen – zum Beispiel der deutsche Wang
       Deshun: der Schauspieler Philipp Sonntag. Der sexy „Lindenstraße“-Opa „Adi“
       (74) schaffte es mit einem Cumeo-Auftritt in „Grand Budapest Hotel“ schon
       nach Hollywood. Und das Beste ist, dass er nach kurzer Liaison mit der
       steinreichen Altersgenossin Elise Romberger („Ist Adi jetzt eine
       Prostituierte?“, fragte meine beste Freundin) seit Folge 1601 wieder solo
       ist: „Der ‚Alt-68er‘ kann sich ein Leben im Luxus auf Dauer nicht
       vorstellen. . . . Der schönste Platz für ihn ist immer noch an Vasilys
       Theke“.
       
       Für Sexwork sind sie wie geschaffen. Wir sind sehr besorgt.
       
       30 Nov 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/donald-trump-einfach-mal-mit-fundamentalisten-plaudern-kolumne-a-1121757.html
   DIR [2] http://www.spiegel.de/panorama/leute/wang-deshun-chinas-heissester-opa-macht-karriere-auf-dem-laufsteg-a-1122032.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Adrian Schulz
       
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