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       # taz.de -- Vorwahl der französischen Konservativen: Alle gegen die „Eliten“
       
       > Die konservativen Republikaner nominieren ihren Kandidaten für die
       > Präsidentschaftswahl 2017: Juppé oder Sarkozy lautet die Qual.
       
   IMG Bild: Der Favorit Alain Juppé, Bürgermeister von Bordeaux, bei einer Wahlkampfveranstaltung in Paris
       
       Paris taz | Am 20. und 27. November wird bei „offener“ Vorwahl der
       Präsidentschaftskandidat der Bürgerlichen nominiert. Es handelt sich dabei
       um eine Premiere für dieses politische Lager, in dem sonst der „Chef“
       automatisch auch als Kandidat ins Rennen ging.
       
       Bei der Präsidentschaftswahl von 2007 und 2012 hatten die Sozialisten
       vorgemacht, wie mit einer solchen für alle Sympathisanten zugänglichen
       „Primärwahl“ die öffentliche Meinung beeinflusst werden kann. Das ist der
       rechts-bürgerlichen Opposition auch weitgehend gelungen. Sie monopolisiert
       mit ihrer internen Auseinandersetzung die politische Diskussion in den
       Medien.
       
       Sechs Kandidaten und eine Kandidatin bewerben sich am Sonntag um die
       Nominierung als Präsidentschaftskandidat der Rechten. Sie sind alle gegen
       die 35-Stundenwoche, fordern Steuersenkungen für die Unternehmen, einen
       massiven Stellenabbau im öffentlichen Dienst und eine Erhöhung des
       Rentenalters.
       
       Bisher standen aber nur zwei von ihnen wirklich im Rampenlicht: Expräsident
       Nicolas Sarkozy und der ehemalige Premierminister Alain Juppé galten von
       Beginn an als die beiden Favoriten. Ständig verkündeten die Umfragen auch,
       diese beiden würden das Finale unter sich ausmachen. Was aber, wenn sich
       die Meinungsinstitute gewaltig täuschen wie in den USA?
       
       ## Jeder, der will, kann abstimmen
       
       Donald Trumps Sieg hat die Karten in Frankreich neu gemischt und schürt
       Zweifel an der Glaubwürdigkeit der professionellen Politologen. François
       Fillon, der eine liberale Sparpolitik predigt, wie sie eigentlich in
       Frankreich nie populär war, fühlt sich plötzlich zu kühnsten Erwartungen
       berechtigt.
       
       Eine Umfrage hat ihm einen gewaltigen Zuwachs vorausgesagt. Niemand kann
       ausschließen, dass er Sarkozy oder Juppé den Platz in der Stichwahl
       streitig machen könnte. Die Skepsis ist umso mehr berechtigt, als niemand
       mit Sicherheit voraussagen kann, wer sich wirklich an dieser Vorwahl
       beteiligen wird.
       
       Schätzungen zufolge haben drei bis vier Millionen stimmberechtigte Bürger
       und Bürgerinnen die Absicht, bei dieser Kandidatenkür mitzureden. Sie
       müssen dafür weder eingeschriebene Mitglieder oder Sympathisanten einer
       Partei sein, sondern bloß zwei Euro bezahlen und eine Erklärung
       unterzeichnen, in der sie bestätigen, die „republikanischen Grundwerte der
       Rechten und der Mitte“ zu unterstützen.
       
       ## Linke wollen Sarko verhindern
       
       Auch ideologisch hat Trump mit seiner Kampagne bereits auf Frankreich
       abgefärbt. Im bürgerlichen Lager ist es plötzlich Mode, gegen die „Elite“
       und das „System“ zu lästern, zu dem doch alle sieben Vorwahlkämpfer
       ausnahmslos gehören. Sarkozy ernennt sich selbst zum „Sprecher der
       schweigenden Mehrheit“, nur Juppé mahnt, es bringe nichts, über diese Elite
       herzuziehen.
       
       Natürlich ist auch für entschieden linke WählerInnen die Versuchung groß,
       bei dieser Vorausscheidung der rechten Gegenseite ohne Skrupel mitzumachen.
       Laut den mit Vorsicht zu genießenden Schätzungen könnten am Sonntag mehr
       als 10 Prozent der Abstimmenden von links kommen. Ihre Absicht ist klar:
       Sie wollen Sarkozy daran hindern, erneut Präsident zu werden.
       
       Der eher gemäßigt konservative und weniger egozentrische Juppé erscheint
       ihnen als kleineres Übel und somit einen wahltaktischen Seitensprung wert.
       Niemand kann aufgrund der zahlreichen Ungewissheiten eine glaubwürdige
       Prognose machen. Nur Sarkozy zweifelt nicht daran, dass er gewinnen wird.
       
       16 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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