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       # taz.de -- Kommentar über christliche Klinikbetreiber: Evangelikale Daseinsvorsorge
       
       > Mit der Übergabe des Betriebs einer Kreisklinik an christliche
       > Fundamentalisten hat der Landkreis Schaumburg einen kolossalen Bock
       > geschossen.
       
   IMG Bild: Ob Klinik ohne Abtreibung oder Schulen ohne Evolutionslehre: Christliche Fundamentalisten übernehmen gern den Betrieb
       
       BREMEN taz | Ein Glück, dass es aufmerksame Journalistinnen in der
       Schaumburger Zeitung gibt! Sonst wäre dem Landrat Jörg Farr (SPD) nie
       aufgefallen, dass er einen kolossalen Bock geschossen hat: Seit Monaten
       verhandelt der Landkreis mit dem evangelikalen Klinik-Konzern Agaplesion
       über die Übergangstarife für die zwei kommunalen Kliniken, die mit dem
       alten Diakonischen Klinikum Bethel verschmolzen [1][und vom
       Agaplesion-Konzern übernommen werden sollen].
       
       Der Landkreis spendiert Agaplesion nicht nur 95 Millionen zum Neubau,
       sondern hilft auch beim Arbeitsplatzabbau. Nichts wie weg mit den
       kommunalen Kliniken, scheint die Parole gewesen zu sein. Agaplesion, ein
       von Baptisten gegründeter Klinik-Konzern, der inzwischen bundesweit über 20
       Häuser verfügt, spart als gemeinnützige Gesellschaft nicht nur bei den
       Steuern, sondern auch bei den Löhnen. Statt des Tarifvertrags für den
       öffentlichen Dienst (TVÖD) bekommen neu eingestellte MitarbeiterInnen in
       Zukunft nur TVDN, den Diakonie-Tarifvertrag Niedersachsens.
       
       Der Landkreis sah sich von der Aufgabe der Gesundheitsvorsorge überfordert
       – finanziell und offenbar auch politisch. Hat sich denn niemand
       klargemacht, was es bedeutet, wenn man die medizinische Klinik-Versorgung
       in evangelikale Hände legt? In Rotenburg, wo Agaplesion die einzige Klinik
       am Ort betreibt, hätte man sich das anschauen können: Wer abtreiben muss,
       geht nach Bremen. Auch für die Frauen im Landkreis Schaumburg wird es nun
       heißen: „Geht doch nach drüben“, nach Minden in Nordrhein-Westfalen etwa.
       
       Dass die staatlichen Verwaltungen sich von der Organisation der
       öffentlichen Daseinsvorsorge überfordert fühlen, ist nicht nur im Landkreis
       Schaumburg festzustellen. Es wäre an der Zeit, einmal gründlich zu
       untersuchen, woran das liegt – und Konsequenzen zu ziehen. Wenn der
       Landkreis keine Kliniken managen kann, wie mies managt er zum Beispiel die
       Schulen? Die Evangelikalen bieten sich an – sie können auch Schule. Und
       zwar billiger.
       
       16 Nov 2016
       
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