URI: 
       # taz.de -- Italien nach dem Referendum: Neuwahl schon im Februar möglich
       
       > Renzi will zurücktreten, doch Präsident Mattarella bremst. Erst soll der
       > Premier den Haushalt durch den Senat bringen.
       
   IMG Bild: Haben sich geeinigt: Sergio Mattarella (r.) und Matteo Renzi (l.)
       
       Rom taz | Der Staatspräsident bremst, der Ministerpräsident gibt Gas. Nach
       dem Debakel im Referendum begab sich Regierungschef Matteo Renzi am
       Montagabend zu Staatsoberhaupt Sergio Mattarella, um seinen Rücktritt
       einzureichen. Doch Mattarella bestand darauf, dass Renzi zunächst bis Ende
       der Woche den Staatshaushalt 2017 durch den Senat bringt, ehe er seinen
       Rücktritt vollzieht.
       
       Renzi wird jetzt deshalb im Senat die Vertrauensfrage stellen, allerdings
       nicht, um seine Regierung zu sichern, sondern um den Haushalt durchs
       Parlament zu bringen. Spätestens Anfang nächster Woche würde dann die
       Regierungskrise auch formell eingeläutet.
       
       Nach Indiskretionen aus seinem nächsten Umfeld wird Renzi selbst in den
       Konsultationen beim Staatspräsident auf schnelle Neuwahlen, am besten schon
       im Februar 2017, dringen. Diese Forderung hatten bisher nur Beppe Grillos
       Movimento5Stelle (5-Sterne-Bewegung) und die rechtspopulistische Lega Nord
       erhoben.
       
       Gegen eine schnelle Neuwahl spricht vor allem, dass die beiden Häuser des
       Parlaments gegenwärtig unterschiedliche Wahlgesetze haben. Im
       Abgeordnetenhaus erhält die stärkste Partei automatisch 340 der 630 Sitze;
       der Senat dagegen würde nach reinem Proporz gewählt.
       
       ## Widerstand könnte vom linken Minderheitsflügel kommen
       
       Auch wenn die Partito Democratico (PD) ihre Anhänger in den nationalen
       Wahlen erneut mobilisieren kann, käme sie bestenfalls auf 40 Prozent. Für
       die Regierungsbildung wäre sie deshalb auf die Stimmen des
       Berlusconi-Lagers angewiesen. Denkbar wäre aber auch, dass Grillos M5S die
       Nase vorn und damit im Abgeordnetenhaus die Mehrheit hat. An der
       Regierungsbildung würde die M5S dennoch scheitern, denn im Senat hätte es
       keine Partner, die seinem Ministerpräsidenten das Vertrauen aussprechen
       würden.
       
       Zunächst aber muss Renzi seinen Offensivkurs in der eigenen Partei
       durchsetzen. Für Mittwochnachmittag sind die 200 Mitglieder des erweiterten
       Parteivorstands zusammengerufen. Großer Widerstand könnte vom linken
       Minderheitsflügel kommen. Der will keine schnelle Neuwahl, sondern vorab
       innerhalb der PD den Kampf gegen Renzi um die Parteiführung aufnehmen.
       Ginge es dagegen jetzt schnell an die Urnen, muss die Parteilinke fürchten,
       dass viele ihrer Parlamentarier nicht mehr aufgestellt werden.
       
       Doch Renzi zeigt sich überzeugt, dass er und die PD eine schnelle
       Entscheidung in Wahlen suchen müssen, andernfalls müsse mit einem weiteren
       Erstarken von Grillos M5S gerechnet werden, die jetzt schon in den
       Meinungsumfragen bei 30 Prozent und damit praktisch gleichauf mit der PD
       liegt.
       
       6 Dec 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Braun
       
       ## TAGS
       
   DIR Matteo Renzi
   DIR Italien
   DIR Verfassungsreferendum
   DIR Sergio Mattarella
   DIR Italien
   DIR Verfassungsreferendum
   DIR Verfassungsreferendum
   DIR Italien
   DIR Präsidentschaftswahlen Österreich
   DIR Italien
   DIR Italien
   DIR Matteo Renzi
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Italien hat neuen Regierungschef: Gentiloni vor enormen Aufgaben
       
       Italiens Staatspräsident weiß um die prekäre Lage des Landes. Seine Lösung
       heißt Paolo Gentiloni. Der als besonnen Geltende soll es jetzt richten.
       
   DIR Kommentar Italiens Regierungskrise: Gar nicht so dramatisch
       
       Die Verfassungsänderung in Italien galt als Entscheidung über die
       europäische Wirtschaft. Die Bevölkerung hat sie abgelehnt. Bisher ist
       nichts passiert.
       
   DIR Nach Abstimmung in Italien: Renzi geht und geht nicht
       
       Der italienische Senat verabschiedet den Haushalt für 2017.
       Ministerpräsident Matteo Renzi tritt zurück, bleibt aber bis zur
       Regierungsbildung im Amt.
       
   DIR Auswirkungen von Renzis Rücktritt: Die Finanzwelt bleibt entspannt
       
       Italiens Regierungschef geht – trotzdem gibt es keine Panik. Vorausgesagte
       Bankenpleiten schrecken offenbar auch nicht. Wieso?
       
   DIR EU-Reaktionen auf Abstimmungen: Österreich hui, Italien pfui
       
       Lob und Euphorie gibt es für Alexander Van der Bellens Wahlsieg. Matteo
       Renzis Niederlage fällt hingegen den meisten EU-Vertretern lästig.
       
   DIR Kommentar Referendum in Italien: Calmatevi!
       
       Das Votum der Italiener ist kein Sieg der Populisten und keine Absage an
       die Demokratie. Wer vor Europas Untergang warnt, macht Panik.
       
   DIR Verfassungsreferendum in Italien: Er wollte alles und erreichte nichts
       
       Mit seinem Versuch, links und rechts zu überzeugen, scheiterte Matteo Renzi
       grandios. Mit dem Rücktritt nimmt er die Verantwortung auf sich.
       
   DIR Nach Verfassungsreferendum in Italien: Matteo Renzi tritt zurück
       
       Nur etwa 40 Prozent stimmten für die Reformpläne des Ministerpräsidenten.
       Für Italien und die EU bedeutet das Instablität. Fünf Sterne wollen
       Neuwahlen.