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       # taz.de -- Kommentar Friedensvertrag in Kolumbien: Die Macht des faktischen Friedens
       
       > Regierung und Farc unterzeichnen am Donnerstag das hart umkämpfte
       > Friedensabkommen. Nun muss die Umsetzung klappen.
       
   IMG Bild: Soldaten vor dem Theater Colón in Bogotá. Dort soll es zur historischen Unterzeichnung kommen
       
       Dieses Mal soll die Zeremonie bescheidener ausfallen als vor zwei Monaten
       in Cartagena und alles andere wäre auch vermessen. Im Theater Colón in der
       Hauptstadt Bogotá werden am heutigen Donnerstag Kolumbiens Präsident Juan
       Manuel Santos und Farc-Chef Rodrigo „Timochenko“ Londoño erneut ein
       Friedensabkommen unterzeichnen. Anfang Oktober hatte bei einer
       Volksabstimmung eine knappe Mehrheit dagegen gestimmt. Jetzt muss es mit
       der Umsetzung klappen.
       
       Es war wichtig, dass Santos schnell seine Leute nach Havanna geschickt hat,
       um sich wieder mit den Vertretern der Farc an den Verhandlungstisch zu
       setzen. Und dass sie auch schnell zu einem Ergebnis gekommen sind. Denn
       Kolumbien befindet sich in einem angespannten Zwischenzustand, in dem
       jederzeit die Gewalt wieder in größerem Maße ausbrechen kann.
       
       Eine erneute Volksabstimmung über das Abkommen soll es nicht geben, das ist
       verständlich. Denn das Risiko, dass sie wieder mit einem „Nein“ ausgeht,
       wäre zu groß. Stattdessen soll schon in der kommenden Woche der Kongress
       das Abkommen verabschieden.
       
       Santos musste es um des Friedens Willen wohl in Kauf nehmen, [1][dass er es
       sich nun mit der rechten Opposition komplett verscherzt hat]. Für die
       politische Auseinandersetzung in Kolumbien, wo Anfang 2018 gewählt wird,
       bedeutet das nichts Gutes. Expräsident Alváro Uribe hat Proteste gegen das
       Vorgehen der Regierung angekündigt. Auch viele BürgerInnen, die mit „Nein“
       gestimmt haben, dürften sich von der Regierung nicht ernst genommen fühlen.
       Das ist in gewissem Maße nachvollziehbar.
       
       Denn das überarbeitete Abkommen ist dem abgelehnten sehr ähnlich. Es gab
       zwar bei fast allen Punkten Änderungen im Sinne der Nein-Sager: Das
       Vermögen der Farc soll für Entschädigungszahlungen herangezogen werden,
       Drogenhandel geht nicht mehr automatisch als politisches Delikt straffrei
       aus, der Schutz von Privateigentum wird ausdrücklich garantiert. Auch
       wurden an vielen Stellen wichtige Präzisierungen vorgenommen und einige
       eher symbolische Zugeständnisse an die Kritiker aus dem religiösen Milieu
       gemacht.
       
       Aber die am stärksten kritisierten Punkte wurden nicht geändert. Die
       geplante Übergangsjustiz sieht weiter keine Gefängnisstrafen für die
       Guerilleros vor, wenn sie ihre Taten zugeben. Die Exkämpfer dürfen sich
       politisch engagieren und bekommen zu Beginn ein paar Sitze im Parlament,
       ohne gewählt werden zu müssen. Wer geglaubt hat, dass die Farc bei diesen
       Punkten mit sich reden lassen, hat nicht verstanden, aus welcher Position
       sie in die Verhandlungen gegangen sind: Zu schwach, um militärisch die
       Macht zu erlangen, aber noch stark genug, um Forderungen durchzusetzen.
       
       Ein Kolumbien, in dem die Farc ihre Waffen abgegeben haben, ist ein
       besseres Kolumbien. Diese Erkenntnis wird sich bald hoffentlich auch bei
       jenen durchsetzen, die das Abkommen immer noch ablehnen. Die Macht des
       faktischen Friedens muss stärker wirken als die Kräfte, die es zumindest
       billigend in Kauf nehmen, dass der Bürgerkrieg mit all seinem Leid
       weitergeht.
       
       24 Nov 2016
       
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