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       # taz.de -- Gleichberechtigung: Olaf Scholz und die Frauen
       
       > Zur Bundestagswahl tritt Hamburgs SPD mit je sechs Männern und Frauen an.
       > Ins Parlament schafft es aber wohl nur eine Frau – sicher aber vier
       > Männer.
       
   IMG Bild: Sie hat ihren Platz im Bundestag sicher: Aydan Özoguz
       
       HAMBURG taz | Die Seitenhiebe waren vorhersehbar. „Wir wählen heute unsere
       Liste für den Bundestag – mit genau so vielen Frauen wie Männern“, gab
       SPD-Landesvorsitzender Olaf Scholz die Richtung vor auf dem Parteitag am
       Sonnabend im Bürgerhaus Wilhelmsburg. Und verbarg nicht sein
       „demokratisches Entsetzen“ über das unwürdige Schauspiel, das die Hamburger
       CDU 36 Stunden zuvor am selben Ort aufgeführt hatte. Vier Männer auf den
       ersten vier Rängen hatte sie nominiert, Frauen wurden nach hinten auf die
       aussichtslosen Plätze geschickt.
       
       Das sei eine „rückwärtsgewandte 50er-Jahre-Politik der CDU“, kritisierte
       Scholz unter dem Jubel der 320 SPD-Delegierten, und auch Aydan Özoguz, die
       kurz darauf erneut zur Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl gewählt
       wurde, erklärte den 50-prozentigen Frauenanteil auf der SPD-Liste „zu einem
       klaren Signal für eine moderne Gesellschaftspolitik“. Beide aber sitzen im
       Glashaus.
       
       Denn von einer paritätischen Verteilung der Bundestagsmandate nach der Wahl
       im September 2017 kann keine Rede sein. Vier Männer und zwei Frauen wird
       Hamburgs SPD wahrscheinlich entsenden: Frauenanteil ein Drittel. Wenn es
       schlecht läuft, kommt aber nur Özoguz durch – und schon ist die
       vermeintliche Geschlechterparität auf ein mageres Fünftel zusammen
       geschnurrt.
       
       Bei CDU und SPD nominieren die Kreisverbände autonom ihre KandidatInnen für
       ihren Bundestagswahlkreis, der Landesvorstand hat nur informellen Einfluss.
       Die Landesliste, die er dem Parteitag zur Abstimmung vorlegt, enthält
       deshalb auf den vorderen Plätzen die in den Kreisen nominierten
       Direktkandidaten – und dazwischen müssen Frauen die Lücken füllen.
       
       Als Spitzenkandidatin mit guten 94 Prozent bestätigt wurde Özoguz aus
       Wandsbek, stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende und Staatsministerin für
       Integration im Bundeskanzleramt. Dahinter rangiert der langjährige und
       nicht unumstrittene Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs aus Mitte, der mit
       69 Prozent das mit Abstand schlechteste Ergebnis erhielt, vor der
       Newcomerin Dorothee Martin aus dem Kreisverband Nord.
       
       Die weiteren drei männlichen Direktkandidaten Niels Annen (Eimsbüttel),
       Matthas Bartke (Altona und Metin Hakverdi (Bergedorf-Harburg) folgen auf
       den Plätzen 4, 6 und 8. Dazwischen müssen auf den ungeraden Plätzen
       weibliche Nachwuchskräfte und Bezirkspolitikerinnen dafür sorgen, dass
       Parteichef Scholz von einer paritätisch besetzten Liste schwärmen kann.
       Chancen auf ein Bundestagsmandat haben sie indes nicht.
       
       Denn das erklärte Wahlziel der SPD ist es, „dass wir alle sechs Wahlkreise
       in Hamburg erobern“, stellt Scholz klar. Das wären Mandate für die vier
       männliche und zwei weiblichen DirektkandidatInnen, die Liste käme gar nicht
       zum Zuge. Fünf Wahlkreise sind der SPD traditionell sicher, wackelig ist
       vor allem der Wahlkreis Nord, den 2013 CDU-Urgestein Dirk Fischer gewann.
       Der 73-Jährige tritt nach 37 Jahren im Bundestag nicht mehr an, das könnte
       die Chancen des 39-jährigen Neulings Dorothee Martin erhöhen.
       
       Wenn sie aber scheitert, ist Özoguz die einzige Hamburger Sozialdemokratin
       im nächsten Bundestag – und der Spott über die rein männliche Hanse-CDU
       bleibt im sozialdemokratischen Halse stecken.
       
       11 Dec 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven-Michael Veit
       
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