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       # taz.de -- Rassismus beim FSV Zwickau: Diese „Dinge“, die sie meinen
       
       > Beim FSV Zwickau sollen Zuschauer den dunkelhäutigen Gästespieler Shawn
       > Barry beleidigt haben. Der Verein geht das Problem kaum an.
       
   IMG Bild: Wurde in Zwickau rassistisch geschmäht: Shawn Berry
       
       Beim FSV Zwickau hat man offensichtlich Probleme, die Dinge beim Namen zu
       benennen. Auf der Homepage platzierte der Drittligaverein vergangene Woche
       mit gefetteten Buchstaben eine recht eindringliche und bemerkenswerte
       Bitte: „Da wir nunmehr erfahren mussten, welcher Schaden mit solchen Dingen
       für den Verein angerichtet werden kann, fordern wir alle Fans und Besucher
       auf, zukünftig solche Dinge zu unterlassen und auch aktiv einzuschreiten,
       wenn Einzelne sich vergessen.“
       
       Diejenigen, die sich nun fragen, bei welchen schädlichen Dingen sich
       Einzelne vergessen können, sollen nicht länger auf die Folter gespannt
       werden. Der FSV Zwickau wurde Anfang Dezember vom DFB-Sportgericht mit
       einer Geldstrafe (13.000 Euro) und auf Bewährung mit einem Teilausschluss
       des Publikums sanktioniert, weil einige Zuschauer beim Heimspiel gegen den
       FSV Frankfurt am22. Oktober den dunkelhäutigen Gästespieler Shawn Barry
       rassistisch beleidigten.
       
       Affenlaute waren dabei nach Zeugenaussagen zu hören. Strafverschärfend kam
       das Abbrennen von Pyrotechnik in einem anderen Spiel hinzu. Weil jedoch die
       FSV-Verantwortlichen vor Gericht die rassistischen Beleidigungen einräumten
       und sich bei Shawn Barry entschuldigten, sah man beim DFB von härterem
       Strafmaß ab. Eine klare und eindeutige Geschichte, könnte man denken.
       
       Die Angelegenheit ist aber komplizierter. Denn bis zur DFB-Verhandlung hat
       die FSV-Klubführung vehement den Vorwurf abgestritten, es hätte im Stadion
       rassistische Beleidigungen gegeben. „Wir als FSV Zwickau haben zu keiner
       Phase rassistische Rufe unserer Fans wahrgenommen“, erklärte etwa
       Pressesprecher Daniel Sacher. Als „Rolle rückwärts“ stufte deshalb die
       Regionalzeitung Freie Presse das Schuldeingeständnis des FSV Zwickau vor
       dem DFB-Sportgericht ein.
       
       ## „Auch Rassisten und Idioten“
       
       Vergangene Woche allerdings verband der Verein seinen Appell an die Fans
       wegen der „Dinge“ mit einer öffentlichen Erklärung zu seinem Verhalten vor
       Gericht. Das Eingeständnis, dass „es die vereinzelte rassistische
       Beleidigung gegeben haben kann“, sei die Voraussetzung für die mildere
       Strafe gewesen. Und man erläuterte, dass es aus juristischer Sicht kaum
       möglich sei, „die Nichtexistenz von etwas durch mehrere subjektive
       Zeugenaussagen zu widerlegen“, wenn es gegenteilige Zeugenaussagen von
       Frankfurter Seite gäbe. Es bleibe aber, so das Resümee, eine „gewisse
       Unsicherheit“, ob der Verein der Situation wirklich gerecht geworden sei.
       
       Der Verein sät also nach dem DFB-Urteil wieder Zweifel, ob Shawn Barry an
       diesem Samstagnachmittag im Oktober zum Opfer wurde und ob nicht vielmehr
       der FSV Zwickau das Opfer falscher Anschuldigungen ist. In den sozialen
       Netzwerken stärkt dies den Unmut der FSV-Fans gegen Barry, gegen den FSV
       Frankfurt, den DFB und Westdeutschland im Allgemeinen. Und auch der eigene
       Verein wird kritisiert, weil er „eingeknickt“ sei.
       
       Andererseits ist man sich beim FSV Zwickau bewusst, dass es Zuschauer im
       eigenen Stadion gibt, die rassistische Ressentiments pflegen. Jörg Schade,
       Bereichsleiter Sport, erklärt, man sei sich im Klaren darüber, „dass sich
       bei unseren Heimspielen unter mehreren Tausend Besuchern auch Rassisten und
       Idioten befinden“. Umso mehr erstaunt es, warum der Verein anfangs die
       Vorwürfe rigoros abstritt.
       
       Zumal sich auf dem verlinkten Fanforum auch Zwickauer Anhänger zu Wort
       meldeten, welche die Frankfurter Vorwürfe bestätigen. Ein User namens
       „Denver 1“ schreibt etwa: „Ich habe auch solche Laute aus C3/4 von 2,3
       Leuten vernommen, die wurden aber ziemlich schnell unterlassen. Geil war
       der Typ hinter mir, der in der ersten Minute schon ‚Tritt den Neger weg‘
       gebrüllt hat …“ Ein anderer namens biux_ultra mahnt: „Und jetzt hört auf
       mit dem ‚das hat angeblich nur der Trainer gehört‘, es haben auch mehrere
       Leute aus dem Stehplatzbereich vernehmen können.“
       
       ## Rassistische Ressentiments
       
       Es gibt also Hinweise, die das vom Verein gezeichnete Bild infrage stellen.
       Jörg Schade aber zweifelt die Seriosität dieser Angaben an. Er erklärt:
       „Auch, wenn Sie das vielleicht verwundern mag, ein privat betriebenes
       Fanforum ist nicht die Informationsquelle der Vereinsverantwortlichen.“
       Aufgrund der Anonymität der User könne er nicht einschätzen, ob die
       entsprechenden Personen überhaupt im Stadion gewesen seien.
       
       Auf dem Facebook-Account des Vereins gibt es aber auch einen namentlichen
       Eintrag, der auf die grundsätzliche Problematik rassistischer Ressentiments
       im Zwickauer Publikum aufmerksam macht: „Ich verstehe nicht, warum sich
       hier aufgeregt wird über die Strafe! Ich war zwar nicht gegen Frankfurt im
       Stadion, aber bei einem Heimspiel vorher. Und da waren die besagten
       Geräusche mehrfach laut zu hören und wurden auch bei Facebook unter den FSV
       Fans diskutiert.“
       
       Es scheint also nur eine Frage der Zeit zu sein, wann der Verein wieder von
       der Debatte eingeholt wird.
       
       13 Dec 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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