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       # taz.de -- Fisch auf dem Teller: Belastet oder bedroht
       
       > Greenpeace findet Chemikalien in zahlreichen Zuchtfischen. Und die
       > EU-Minister legen höhere Fangquoten für die Meere fest.
       
   IMG Bild: Kleine Fische im Labor. Wie belastet sind gezüchtete Tiere aus Aquakulturen?
       
       Berlin taz | Fisch aus konventioneller Aquakultur ist mit der Chemikalie
       Ethoxyquin belastet. Das ist das Ergebnis einer am Montag vorgestellten
       Studie der Umweltorganisation Greenpeace. Bei allen 38 Fischproben aus
       konventioneller Aquakultur, die aus den Regalen deutscher Super- und
       Biomärkte stammen, sei Ethoxyquin festgestellt worden.
       
       Bei 32 der Proben liege der Wert deutlich über dem Grenzwert von 50
       Mikrogramm pro Kilogramm – nur Fischproben aus Bio-Aquakultur
       unterschritten diesen. Die Umweltschützer orientierten sich an dem
       Höchstwert für Fleisch, da für Fisch keine Rückstandshöchstgehalte
       existieren.
       
       Spitzenreiter ist ein Lachsprodukt aus einer norwegischen Aquakultur mit
       881 Mikrogramm pro Kilo. Allerdings ist das Gesundheitsrisiko einer solchen
       Belastung umstritten.
       
       Auf Anfrage dieser Zeitung ordnet das Bundesinstitut für Risikobewertung
       die Ethoxyquin-Belastung mit einem Rechenbeispiel ein. Würde eine Person
       mit 60 Kilogramm Körpergewicht 300 Gramm Fisch mit einer so hohen Belastung
       verzehren, wäre der Wert für die akzeptable tägliche Aufnahmemenge zu 90
       Prozent ausgeschöpft. 100 Prozent bezeichnet die Menge eines Stoffes, die
       ein Mensch täglich und ein Leben lang ohne erkennbares gesundheitliches
       Risiko aufnehmen kann. Eine kurzzeitige Überschreitung dieses Werts stelle
       keine Gefährdung der VerbraucherInnen dar.
       
       Für Greenpeace ist der Fall trotz allem klar: Selbst wenn die Chemikalie
       nicht garantiert gesundheitsschädlich sei, habe Ethoxyquin „nichts in Fisch
       verloren“.
       
       Ethoxyquin ist ein Antioxidationsmittel und wird verwendet, um Tierfutter
       wie beispielsweise Fischmehl haltbar zu machen. Bis 2011 war es in Europa
       auch als Pflanzenschutzmittel zugelassen. Aufgrund fehlender Daten wurde
       die Zulassung nicht verlängert. Bekannt ist, dass Zwischenprodukte von
       Ethoxyquin die DNA schädigen können – das gab die Europäische Behörde für
       Lebensmittelsicherheit 2015 bekannt. Ob die Zulassung von Ethoxyquin als
       Haltbarkeitsmittel für Tierfutter ein weiteres Mal verlängert wird, ist
       unklar.
       
       Das Bundeslandwirtschaftsministerium erklärte, in Brüssel werde derzeit
       über die Zulassungsfrage diskutiert. Zur Debatte stehe ein Vorschlag der
       EU-Kommission, die Zulassung als Zusatzstoff in Futtermitteln dauerhaft
       auszusetzen. Für bereits im Handel befindliche Produkte hat das allerdings
       keine Auswirkung.
       
       Höhere Fischfangquoten in Europa 
       
       Ebenfalls am Mittwoch wurden in Brüssel die neuen Fischfangquoten bekannt
       gegeben. Sie sehen deutlich höhere Fangmengen für viele Fischbestände vor.
       So darf beispielsweise Seelachs aus der Nordsee zu 53 Prozent mehr gefischt
       werden. Bei Kabeljau sind 17 Prozent und bei Makrelen 14 Prozent mehr
       erlaubt. Für Schellfisch in der Nordsee sinkt die Quote hingegen um 45
       Prozent.
       
       EU-Kommissar Karmenu Vella sieht die überwiegend höheren Fangquoten als
       Erfolg für den Bestandsschutz: „Ich bin stolz sagen zu können, dass sich
       unser Streben für gesunde Fischbestände nun endlich auszahlt.“
       
       Meeresexperten kritisieren jedoch die Entscheidung: „Die
       Landwirtschaftsminister sind den maximal nachhaltigen Vorschlägen der
       Kommission nicht gefolgt und haben stattdessen zu hohe Fangmengen und damit
       fortgesetzte Überfischung beschlossen“, sagt Rainer Froese vom
       Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Es sei eine verpasste Chance
       die Bestände durch nachhaltige Befischung anwachsen zu lassen – so wie es
       die Positivbeispiele Hering und Scholle in der Nordsee zeigten. Froese:
       „Die fortgesetze Überfischung verlängert das Leiden der Fische und der
       Fischer.“
       
       14 Dec 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Luca Spinelli
       
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