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       # taz.de -- Kommentar Integrationsgesetz in Bayern: Auch Filibustern will gelernt sein
       
       > Es war keine Debattenschlacht nach US-Vorbild. Sinnvoll war die
       > Diskussion über das umstrittene bayerische Integrationsgesetz trotzdem.
       
   IMG Bild: Spät geworden: 16 Stunden diskutierten die bayerischen Abgeordneten über das Integrationsgesetz
       
       Gerade mal 16 Stunden. Genau so lange hat der von SPD und Grünen
       angezettelte [1][Redemarathon zum bayerischen Integrationsgesetz]
       Donnerstag Nacht im bayerischen Landtag gedauert.
       
       Zum Vergleich: Ganze 57 Tage dauerte eine Debattenschlacht, die man sich
       1957 im US-Senat lieferte. Damals ging es um ein Gesetz der Regierung, das
       das Wahlrecht der Schwarzen schützen sollte. 57 Tage! Das, meine Damen und
       Herren von der bayerischen Opposition, ist ein Filibuster, der den Namen
       verdient.
       
       [2][Bei Wikipedia kann man das haarklein nachlesen]: Allein Senator Strom
       Thurmond aus South Carolina sprach in dieser Debatte 24 Stunden und 18
       Minuten. Am Stück! Bei den paar bayerischen Abgeordneten, die auf US-Senat
       machen wollten und den großen Filibuster ausriefen, hat es am Ende dann nur
       zu 16 Stunden gereicht.
       
       Aber im Ernst: Hat es das jetzt wirklich gebraucht? Einmal kurz mit den
       ohnehin kaum sichtbaren Muskeln spielen und dabei Steuergelder verschwenden
       – für Saaldiener, Stenographen, Beleuchtung, Frühstück.
       
       Ist das nicht genau die Symbolpolitik, die die Opposition der CSU wegen
       ihres Beharrens auf dem Begriff „Leitkultur“ immer vorgeworfen hat?
       Schließlich weiß die Opposition, dass sie mit der bayerischen Spielart des
       Filibusters anders als die amerikanischen Kollegen keine Chance hat,
       Gesetzgebung aufzuschieben oder gar zu verhindern.
       
       ## Arroganz und Frust
       
       Und haben wir nicht alles vorher schon gewusst, was da eine Nacht lang
       durchgekaut wurde? Das Integrationsgesetz stelle die Migranten unter
       Generalverdacht. Niemand wisse, was eigentlich genau unter Leitkultur zu
       verstehen ist. Und das Gesetz könne genauso gut aus der Feder von
       AfD-Politikern stammen. Die Vorwürfe der Opposition sind bekannt. War ein
       solches Spektakel also tatsächlich notwendig?
       
       Ja. Denn es ist das ureigenste Recht der parlamentarischen Minderheit, die
       Regierungspartei in die Debatte zu zwingen. Dass die am Donnerstag so lang
       wurde, hat sich die CSU selbst zuzuschreiben. In ihrer Arroganz hatte sie
       sich in den Monaten zuvor nie wirklich auf eine Diskussion eingelassen.
       Frustriert berichteten Mitglieder der befassten Ausschüsse, ihre
       CSU-Kollegen hätten alles nur brav abgenickt.
       
       Selbst das vernichtende Zeugnis, das Sachverständige, Kirchen und
       Gewerkschaften dem Gesetzentwurf bei ihrer Anhörung ausgestellt hatte,
       prallte, wenn man von ein paar Schönheitskorrekturen absieht, ohne Wirkung
       am Panzer der Staatspartei ab. Insofern ist es nur recht und billig, wenn
       die Mitglieder der CSU-Fraktion diesmal ohne Schlaf auskommen mussten.
       
       Und immerhin: In der Debatte der letzten Nacht ging es tatsächlich um das
       Integrationsgesetz. US-Senator Thurmond hatte am Ende seiner
       24-Stunden-Rede nur noch über die Kuchenrezepte seiner Großmutter
       referiert.
       
       9 Dec 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Integrationsgesetz-in-Bayern/!5364309
   DIR [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Filibuster#Filibuster_im_US-Senat
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominik Baur
       
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