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       # taz.de -- Slowenische Skispringer: Drei Brüder auf vier Schanzen
       
       > Ungewöhnliche Familiendominanz: Mit Peter, Domen und Cene Prevc treten
       > Geschwister bei der Tour an. Alle drei gelten als Favoriten.
       
   IMG Bild: Domen Prevc im Flug
       
       Oberstdorf taz | Im vergangenen Winter war Peter Prevc der überragende
       Skispringer. Der 24-jährige Slowene triumphierte überlegen bei der
       Vierschanzentournee, wurde am Kulm Skiflugweltmeister und am Saisonende im
       heimischen Planica als Gesamt-Weltcupsieger gefeiert. 15 Springen beendete
       er auf dem obersten Podestplatz – so viele hat noch keiner seiner Vorgänger
       gewinnen können.
       
       In dieser Saison heißt der überragende Springer wieder Prevc. Aber nicht
       Peter, sondern Domen. Der 17-Jährige gewann vier der sieben Springen in
       diesem Winter. Nun gehört er zu den Favoriten der Vierschanzentournee
       2016/2017. „Man kann vielleicht hoffen, dass er ein wenig überfordert ist
       und irgendwo einen Fehler macht, weil er erst 17 ist“, sagt Bundestrainer
       Werner Schuster.
       
       Bei einem Zeitsprung zum Jahresende 2017 könnte die Geschichte dann
       folgendermaßen lauten: Der überragende Springer in diesem Jahr ist Cene
       Prevc. Doch das ist noch Zukunftsmusik. Tatsache ist, dass seit dem
       Wochenende in Engelberg die Prevc-Brüder für ein Novum im Skisprung-Weltcup
       sorgen: Noch nie sind drei Geschwister zusammen gesprungen.
       
       „Ich bin derzeit der dominierende Springer, für Cene lief es im
       Continental-Cup toll, und Peter wird wieder angreifen, auch wenn die Medien
       Panik machen“, sagt Domen Prevc vor der Vierschanzentournee. Kurzum: Der
       Konkurrenz droht eine Überdosis Prevc.
       
       ## Brüder, aber keine Freunde
       
       Während Vater Boidar immer mal bei Springen auftaucht und auch gelegentlich
       als Kampfrichter fungiert, hält sich die Mutter lieber im Hintergrund auf.
       Sie gilt, so verrät ein slowenischer Journalist, als das Oberhaupt der
       Familie. Als Bibliothekarin ist ihr wichtig, dass alle ihre Kinder, neben
       Peter, Cene und Domen sind das noch die beiden Mädchen Nika (springt auch
       Ski) und Ema, viel lesen.
       
       Dass alle Prevc-Kinder Skispringen, hat einen einfachen Grund. Weil Boidar
       Prevc eine Möbelfabrik leitet und auch die Mutter berufstätig ist, fiel
       Peter, dem ältesten Sohn, so etwas wie eine Vaterrolle zu. Also nahm er
       seine Geschwister mit an die Schanze, wenn er zum Training ging. Und hat
       dann so lange gewartet, bis auch sie mit dem Üben fertig waren.
       
       Dies hat zu einem ganz besonderen Verhältnis geführt – aus dem Domen, der
       ein wenig als Rebell gilt, immer wieder mal auszubrechen versucht. Auf die
       Frage, wie es ist, gegen seine Brüder zu springen, sagte er in Engelberg
       ein wenig gereizt: „Das muss ich nicht kommentieren, ich habe diese Frage
       schon so oft beantwortet. Ich habe immer gesagt, dass wir Konkurrenten
       sind, keine Freunde. Wir sind zwar Brüder, aber wir sprechen nicht über
       Skispringen.“
       
       Abseits der Schanzen schauen sie stark aufeinander, haben eine gesunde
       Beziehung zueinander. Sie sind auf dem Land in einem Dorf bei Kranj sehr
       traditionell aufgewachsen, haben sich viel in der Natur aufgehalten. Alle
       drei sind bodenständig, nicht abgehoben.
       
       ## Gefährlicher Stil
       
       Auch auf der Schanze haben sie sich gegenseitig stark beeinflusst. Zu sehen
       ist dies am Sprungstil. Während der von Peter schon als aggressiv gilt, hat
       ihn Domen noch ein wenig weiter gedreht. Er profitiert dabei von einer
       enormen Beweglichkeit im Sprunggelenk. So schafft er es, die Ski flach zu
       stellen und seinen Körper dazwischenzulegen – eine aerodynamisch ideale
       Konstellation.
       
       Allerdings auch eine riskante. „Die Slowenen sind eher Flieger, die sehr
       stark nach vorne herausbeschleunigen“, sagt Österreichs Cheftrainer Heinz
       Kuttin, „ich würde diesen Sprungstil keinem empfehlen.“ Nicht nur wegen
       seines Stils nennt er Domen Prevc einen Giftpfeil. Exweltmeister Martin
       Schmitt analysiert: „Sein Sprung sieht sehr riskant aus. Er hat noch nie
       negative Erfahrung gemacht, das macht ihn stark.“ Und Werner Schuster
       ergänzt: „Bei Domen hat man immer den Eindruck, dass er mit Aufwind
       springt, während alle anderen Rückenwind haben.“
       
       Doch auch Goran Janus, dem slowenischen Trainer, ist bei diesem Anblick
       nicht wohl. „Immer wenn Domen springt, drehe ich mich um.“ Weil er Angst
       hat.
       
       29 Dec 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus-Eckhard Jost
       
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