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       # taz.de -- Aktionsplan Wirtschaft & Menschenrechte: Alles kann, nichts muss
       
       > Im Nationalen Aktionsplan ist weder von Bußgeldern noch von Zivilklagen
       > die Rede. Deshalb ist die Kritik von verschiedenen Seiten vernichtend.
       
   IMG Bild: Werden in Textilindustrien Menschenrechte beachtet? Das kann deutschen Unternehmen weiterhin egal sein
       
       Berlin taz | Zwei Jahre hat die Bundesregierung über dem Nationalen
       Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte gekreist. Herausgekommen für die
       Menschen, die in Schwellen- und Entwicklungsländern an T-Shirts oder Autos
       für deutsche Konzerne arbeiten, ist es nur ein Gesetz mit den
       Durchgriffsrechten einer Maus. Das grundsätzliche Vorhaben sei gut, aber
       der Aktionsplan viel zu schwach, um die Firmen auf die Einhaltung von
       Menschenrechten in den Lieferketten zu verpflichten, lautete der Tenor
       vieler Organisationen, nachdem der Plan am Mittwoch im Kabinett beschlossen
       worden war.
       
       Immerhin: Eine Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte sowie
       einen Beschwerdemechanismus gäbe es im Aktionsplan, der die 2011
       beschlossenen UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte umsetzen
       soll, sagte die Menschenrechtsbeauftragte des Bundes, Bärbel Kofler (SPD).
       Der Plan sei nur ein „Auftakt“, beschwichtigte Kofler.
       
       Da hier vieles kann und nichts richtig muss, war die Kritik vernichtend.
       Von einem „Weihnachtsgeschenk für die Wirtschaftslobby“ sprach der
       Entwicklungsexperte der Linken-Fraktion, Niema Movassat. „Zahnlos“ sei der
       Nationale Aktionsplan, sagte Inkota-Geschäftsführer Arndt von Massenbach.
       Zwar formuliere er klare Erwartungen an Firmen, „menschenrechtliche
       Sorgfaltspflichten umzusetzen.
       
       Doch Unternehmen, die diese Erwartungen ignorieren, brauchen keine
       Konsequenzen zu befürchten.“ Der NAP wolle immerhin die Hälfte aller
       Unternehmen mit über 500 MitarbeiterInnen bis 2020 verpflichten,
       menschenrechtliche Sorgfalt in ihre Prozesse zu integrieren. Aber es bleibe
       „eine Hintertür, so groß wie ein Scheunentor“, ärgerte sich von Massenbach:
       „Sie dürfen auch schlicht begründen, warum dies nicht geschehen ist.“
       
       Noch in der Erklärung von Elmau im Juli hätten sich die G7 auf Betreiben
       der Bundesregierung zu einem „substantiellen Aktionsplan verpflichtet“,
       erklärte Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt. Nun
       schrecke man davor zurück, deutsche Firmen in die Pflicht zu nehmen. Warum
       es nicht mal eine Selbstverpflichtung „für Unternehmen im Eigentum des
       Bundes verbindlich regelt, bleibt unverständlich“, findet Füllkrug-Weitzel.
       
       Wenn Unternehmen Menschenrechte im Ausland ignorierten, müssten sie „weder
       Bußgelder noch Zivilklagen oder andere Konsequenzen fürchten“, bemängelte
       Bernd Bornhorst, Chef des Entwicklungsdachverbands Venro, der eine Zeit
       lang im Steuerungskreis des Nationalen Aktionsplans war. Es sei „nicht
       nachvollziehbar, dass Auslandsinvestoren ihre Rechte international
       einklagen können, während Opfern von Menschenrechtsverletzungen diese
       Möglichkeit verweigert wird“.
       
       Das kritisierte auch Pirmin Spiegel von Misereor. „Wer die
       Legitimationskrise der Handelspolitik und Globalisierung beenden will, muss
       diesen Zustand beenden und Menschenrechte über Partikularinteressen
       stellen.“
       
       22 Dec 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai Schöneberg
       
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