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       # taz.de -- Kommentar Racial Profiling in Köln: Psychologische Abschreckung
       
       > Die Kölner Polizei kontrolliert in der Silvesternacht Menschen nach ihrer
       > Hautfarbe. Festhalten ist zwar keine Strafe, aber es wirkt wie eine.
       
   IMG Bild: Videoüberwachung am Kölner Hauptbahnhof
       
       Vielleicht war es richtig, dass die Polizei in der Silvesternacht in Köln
       Menschen nach ihrer Hautfarbe sortierte und [1][nur solche kontrollierte,
       die nicht weiß sind]. Denn die Polizei hat vor einem Jahr die Erfahrung
       gemacht, dass Hunderte Männer sich an Frauen vergriffen, und die meisten
       Täter passten damals in das grobe Schema der nordafrikanischen oder
       arabischen Migranten. Die Ereignisse dieser Nacht durften nicht ohne
       Konsequenzen bleiben.
       
       Trotzdem hinterlässt es einen fatalen Eindruck, wenn Beamte nach einem
       kurzen Blick ins Gesicht per Fingerzeig festlegen, wer zu den Verdächtigen
       und wer zu den Unverdächtigen gehört. So stigmatisiert man ganze
       Bevölkerungsgruppen.
       
       Festhalten und kontrollieren sind zwar keine Strafen, aber sie wirken wie
       Strafen, weil die Betroffenen nicht wie alle anderen ausgelassen Silvester
       feiern konnten, sondern wie Kriminelle behandelt wurden. Racial Profiling
       diskriminiert und spaltet die Gesellschaft, und gleichzeitig besteht die
       Gefahr, dass weiße Täter eher übersehen werden.
       
       So problematisch die gesonderte Behandlung für die nordafrikanischen
       Migranten war: In diesem Jahr gab es dazu wenige Alternativen. Ein Szenario
       wie in der Silvesternacht 2015 musste verhindert werden, denn der Staat
       darf es nicht hinnehmen, dass öffentliche Orte zu Angsträumen werden. Die
       Polizei wäre überfordert gewesen, jeden Einzelnen individuell im Blick zu
       behalten. Also hat sie auf psychologische Abschreckung gesetzt, indem sie
       vorsorglich kontrollierte.
       
       Wichtig ist bei einem solchen Verfahren jedoch, die Unschuldsvermutung zu
       betonen. Genau dies hat Polizeipräsident Jürgen Mathies aber nicht getan.
       Er erklärte, man habe 150 Schwarzafrikaner im Bahnhofsumfeld beobachtet,
       ohne zu erwähnen, was diesen Menschen angelastet wurde. Damit erzeugt er
       den Eindruck, schon die Hautfarbe sei ein Vorwurf. Diesen Anschein muss die
       Polizei unbedingt vermeiden.
       
       Update 05.01. 12 Uhr: In diesem Text war an einer Stelle von
       „Sonderbehandlung für die nordafrikanischen Migranten“ die Rede. Wir haben
       den Begriff ersetzt, da er im Nationalsozialismus euphemistisch [2][für die
       Ermordung von Menschen] verwendet wurde.
       
       1 Jan 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Jahreswechsel-in-Koeln/!5367151
   DIR [2] http://de.wikipedia.org/wiki/Sonderbehandlung
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christoph Herwartz
       
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