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       # taz.de -- Jahreswechsel in Köln: Feiern ohne „Nafris“
       
       > Die Silvesternacht rund um den Dom verlief dieses Mal sicher. Der Preis
       > dafür: Männer mit dunkler Haut mussten sich kontrollieren lassen.
       
   IMG Bild: Polizeiaktion in der Silvesternacht vor dem Kölner Hauptbahnhof
       
       Köln taz | Dieses Mal gab es wohl kaum einen Ort in Deutschland, an dem man
       so gut geschützt Silvester feiern konnte wir rund um den Kölner Dom.
       Zumindest wenn man weiß ist oder eine Frau. Wer jedoch als Mann dunkle Haut
       hat und ohne weibliche Begleitung unterwegs war, wurde auf dem Weg in die
       feiernde Menge [1][zunächst aufgehalten].
       
       Am Ausgang des Hauptbahnhofs sortierte die Bundespolizei nichtweiße Männer
       durch eine gesonderte Tür in einen abgeriegelten Bereich des
       Bahnhofsvorplatzes. Wer den Bereich gen Altstadt verlassen wollte, musste
       sich ausweisen und wurde überprüft. Zeitweise warteten bis zu 100 Personen
       darauf, kontrolliert zu werden. Bei 650 Menschen stellte die Landespolizei
       die Personalien fest, teilte sie mit. Um Mitternacht beendete die Polizei
       die Aktion und ließ alle bis dahin Festgehaltenen ziehen.
       
       Die Polizei begründete die Maßnahme mit sich auffällig verhaltenden
       Gruppen. Kontrolliert wurden aber alle, die ins Raster passten. Offiziell
       spricht die Polizei von „Nafris“. Der Begriff steht für Migranten mit
       nordafrikanischem Hintergrund, die in Köln seit Jahren unter verstärkter
       Beobachtung stehen und beim Jahreswechsel 2015/2016 die größte Rolle
       gespielt hatten, als Hunderte Frauen bestohlen und sexuell angegangen
       wurden. Zusätzlich zu diesen wurden allerdings zum Beispiel auch Schwarze
       systematisch kontrolliert.
       
       Einen Leitfaden für die Polizisten gab es bei der Selektion nicht. Eine
       Sprecherin der Bundespolizei sagte der taz, man habe nach der „Klientel“
       Ausschau gehalten, die man aus der alltäglichen Arbeit kenne.
       Polizeipräsident Jürgen Mathies sprach von einer niedrigen
       Einschreitschwelle.
       
       ## Das Konzept ging auf
       
       Das Einsatzkonzept funktionierte. Wer nicht ins Raster fiel, konnte schnell
       in die Altstadt und an das Rheinufer gelangen. Rund um den Dom wurden
       Taschen stichprobenartig auf Feuerwerk durchsucht, das erstmals an diesem
       Ort verboten war. Ohne Feuerwerk konnte man trotz der Kontrollen schnell
       vom Bahnhof auf die Domplatte, in die Altstadt und an das Rheinufer
       gelangen.
       
       Zusätzlich zu diesen Maßnahmen wurde der Bahnhofsvorplatz hell erleuchtet.
       Rund um Dom und Bahnhof zeichneten acht hochauflösende Panorama-Kameras das
       Geschehen auf. Des Weiteren bewegten sich Polizisten mit Videokameras auf
       Stativen durch die Menge. In der Silvesternacht gab es rund um die
       Innenstadt 92 Festnahmen. Die Bundespolizei meldet 900 Platzverweise. Zwei
       sexuelle Übergriffe wurden angezeigt, bei einem davon konnten die drei
       Täter nicht gefasst werden.
       
       Demonstrationen der NPD und der AfD wurden schon vor der Nacht verboten.
       Eine nicht angemeldete Aktion von Identitären wurde womöglich verhindert.
       Sechs Angehörige dieser Gruppe hielt die Polizei fest, dann sprach sie
       Platzverweise aus.
       
       1 Jan 2017
       
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