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       # taz.de -- Entdeckung der Anne Frank: Zweifel am Verrat
       
       > Anne Frank könnte durch Zufall verhaftet worden sein. Bisher wurde von
       > einem Verrat des Verstecks in Amsterdam ausgegangen.
       
   IMG Bild: Wie kam es zu der Entdeckung?
       
       Es geschah am 4. August 1944 zwischen halb zehn und elf Uhr morgens:
       Fahnder des SS-Sicherheitsdienstes betraten das Hinterhaus Prinsengracht
       263 in Amsterdam. Eine Durchsuchung begann, in deren Verlauf auch das
       Versteck von untergetauchten Juden hinter einem Bücherschrank entdeckt
       wurde. Unter den acht Personen, die dabei festgenommen wurden, befand sich
       auch ein 15-jähriges Mädchen: Anne Frank. Sie starb wenige Wochen vor
       Kriegsende im KZ Bergen-Belsen. Ihr Tagebuch aber wurde eine der
       wirkmächtigsten Erinnerungen an die Schoah.
       
       Wie aber kam es zu der Entdeckung der versteckten Juden? Über Jahrzehnte
       gab es dazu nur eine Leseart: Anne Frank und ihre Leidensgenossen seien
       verraten worden. In Verdacht gerieten dabei unter anderem ein
       Lagervorarbeiter und eine Putzfrau. Doch entsprechende Verfahren kamen aus
       Mangel an Beweisen zu keinem Urteil. Die Frage, wer Anne Frank verraten
       hat, bewegt viele Menschen bis heute.
       
       Nun hat das Anne-Frank-Haus am Wochenende eine neue Sichtweise vorgestellt.
       Darin stellt Gertjan Broek die These auf, dass die acht versteckten Juden
       möglicherweise überhaupt nicht verraten worden seien. Über Jahrzehnte, so
       der Historiker, hätten sich die Forscher einzig auf die Frage konzentriert,
       den oder die Verräter zu finden. Dabei gäbe es durchaus Indizien dafür,
       dass die Entdeckung des Verstecks ein Zufall gewesen sei, ausgelöst durch
       eine Hausdurchsuchung wegen des Verdachts des Widerstands und der
       Manipulation mit Lebensmittelmarken.
       
       Broek fand einige Indizien, die für diese These sprechen. So war der
       SS-Oberscharführer Karl Josef Silberbauer, der die Festnahmen vornahm, in
       Amsterdam vornehmlich nicht mit der Jagd auf Juden betraut, sondern
       kümmerte sich um Juwelen, Bargeld und Sicherheitsfragen. Dass in ihrer
       Umgebung mit gefälschten Lebensmittelmarken gehandelt worden sei, schreibt
       Anne Frank in ihrem Tagebuch.
       
       Das Anne-Frank-Haus will mit dem neuen Blickwinkel der Verhaftungsaktion
       keineswegs einen Verrat ausschließen. Doch die jahrzehntelangen
       Nachforschungen hätten zu keinem Ergebnis geführt. Deshalb müssten auch
       andere Szenarien in Betracht gezogen werden. „Hoffentlich sehen auch andere
       Forscher Gründe, neuen Spuren nachzugehen“, heißt es in einer Erklärung des
       Museums.
       
       18 Dec 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Hillenbrand
       
       ## TAGS
       
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