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       # taz.de -- Treibhausgas-Ausstoß halbieren: Agrarwende ohne Hunger
       
       > Artgerechte Haltung, keine Pestizide oder Überdüngung. Greenpeace sagt,
       > das ist möglich – wenn wir weniger Fleisch essen und weniger wegwerfen.
       
   IMG Bild: Das von Greenpeace erklärte Ziel: weniger Schweine, die dafür aber glücklicher sind
       
       Eine umweltfreundlichere konventionelle Landwirtschaft kann Deutschland
       ernähren, wenn sich Fleischverzehr und Lebensmittelverschwendung halbieren.
       Der Treibhausgas-Ausstoß der Agrarbranche ließe sich bis 2050 um 50 Prozent
       senken, die Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten erhöhen sowie Vieh
       artgerecht halten, heißt es in einer neuen Studie des
       [1][Forschungsinstituts für biologischen Landbau im Auftrag der
       Umweltorganisation Greenpeace].
       
       Die Autoren gehen davon aus, dass die Landwirtschaft etwa 11 Prozent der
       Klimaemissionen in Deutschland verursacht. Die Bauern seien maßgeblich
       dafür verantwortlich, dass immer mehr Arten aussterben und das Grundwasser
       verschmutzt wird.
       
       Das Forschungsinstitut hat jetzt ein Modell durchgerechnet, bei dem 30
       Prozent der Agrarfläche im Biolandbau bewirtschaftet werden. Auf den
       restlichen 70 Prozent arbeiten weiterhin konventionelle Bauern, aber ohne
       chemisch-synthetische Pestizide.
       
       Sie dürften auch nur maximal 30 Kilogramm mehr Stickstoffdünger pro Hektar
       und Jahr ausbringen, als die Pflanzen aufnehmen können. [2][Bislang sind
       oft 90 Kilo üblich.] Ackergifte und Überdüngung gelten als Artenkiller.
       
       ## Keine Pflanzen für Biogas anbauen
       
       Um den Treibhausgasausstoß aus trockengelegten Mooren zu verringern,
       müssten dort 500.000 Hektar Acker wieder vernässt werden. Zudem soll die
       Viehzahl auf die Hälfte sinken. Alle Tiere müssten zudem ins Freie dürfen.
       
       Allein der Verzicht auf Pestizide würde die Ernte um bis zu 40 Prozent
       schmälern, zitieren die Forscher einschlägige Analysen. Sie schlagen
       deshalb vor, dass Deutschland keine Pflanzen mehr anbaut, um Biogas zu
       erzeugen, sondern stattdessen die Äcker allein für die
       Lebensmittelproduktion nutzt.
       
       Deutschland würde netto auch kaum noch Agrarprodukte exportieren, sondern
       sich mit den wichtigsten Ernährungsgütern zu 100 Prozent sowie mit Obst und
       Gemüse zu 50 Prozent selbst versorgen. Derzeit erzeugt die Bundesrepublik
       von fast allen Tierprodukten mehr, als sie selbst verbraucht, von Gemüse
       dagegen lediglich 39 Prozent.
       
       ## 8 Prozent der Deutschen müssten vegan leben
       
       Außerdem dürften nur noch 17 statt wie heute 34 Prozent aller
       Nahrungsmittel weggeworfen werden. Da weniger Tiere gehalten werden,
       müssten die Deutschen insgesamt weniger Fleisch verzehren.
       
       Dieses Ziel würde erreicht, wenn zum Beispiel 8 Prozent der Bürger vegan
       und 22 Prozent vegetarisch leben würden. Weitere 45 Prozent würden nur so
       viel Fleisch essen, wie von Ernährungswissenschaftlern empfohlen. 25
       Prozent müssten sich nicht einschränken und könnten die derzeitige
       Durchschnittsmenge an Fleisch verspeisen, die bei etwa 60 Kilogramm pro
       Jahr liegt.
       
       Die Studie untersucht nicht, wie viele Arbeitsplätze verloren gingen, etwa
       in der Tierhaltung. Genau diese Lücke kritisierten Bundesagrarminister
       Christian Schmidt (CSU) und der Bauernverband.
       
       Allerdings verschwinden auch jetzt permanent Stellen in der Landwirtschaft,
       weil immer mehr Bauern aufgeben, die mit den Niedrigpreisen auf dem
       Weltmarkt nicht konkurrieren können.
       
       8 Jan 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.greenpeace.de/presse/publikationen/kursbuch-agrarwende-2050
   DIR [2] https://www.umweltbundesamt.de/daten/land-forstwirtschaft/landwirtschaft/naehrstoffeintraege-aus-der-landwirtschaft#textpart-1
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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