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       # taz.de -- Förderung der Rüstungsunternehmen: Steuergelder für die Waffenindustrie
       
       > Das Bildungsministerium fördert Forschungsprojekte der Rüstungsfirmen.
       > Millionen an Steuergeldern fließen an die Waffenindustrie.
       
   IMG Bild: Das Rüstungsunternehmen EADS, das den Eurofighter baut, erhielt vom BMBF. Der Kampfjet selbst wird laut Ministerium nicht finanziert
       
       Berlin taz | Mehr als 13 Millionen Euro hat das Bundesbildungsministerium
       (BMBF) in den Jahren 2015 und 2016 an deutsche Rüstungsunternehmen gezahlt.
       Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage der
       Linkspartei hervorgeht, handelt es sich um Fördergelder für
       Forschungsprojekte an deutschen Hochschulen.
       
       Unter den geförderten Rüstungskonzernen befinden sich EADS (European
       Aeronautic Defence and Space), Kraus-Maffei-Wegmann, Rheinmetall und
       ThyssenKrupp. Welche Universitäten oder Forschungseinrichtungen daran
       beteiligt sind, ist in der Projektliste, die der taz vorliegt, nicht
       vermerkt.
       
       Einen Großteil der Zuwendungen – 7,3 Millionen Euro für 59 der insgesamt 98
       BMBF-Förderungen – erhielt die Verteidigungssparte des europäischen
       Flugzeugbauers Airbus, die Airbus Defence and Space GmbH mit Sitz in
       Taufkirchen bei München, die für die Bundeswehr den Eurofighter Typhoon
       oder die Drohne Barracuda baut. Rechnet man die Forschungsaufträge anderer
       Airbustöchter hinzu (Airbus Operations, Airbus DS und Airbus Helicopters
       Germany), kassierte der internationale Mutterkonzern sogar 8,6 Millionen
       Euro vom BMBF.
       
       Die restlichen Gelder teilen sich neben den traditionsreichen deutschen
       Rüstungsherstellern Kraus-Maffei-Wegmann, Rheinmetall und ThyssenKrupp
       verschiedene kleinere Firmen auf. Dazu gehören der Triebwerkshersteller MTU
       Aero Engines, der am Bau der Kampfflugzeuge Tornado und Eurofighter
       beteiligt ist, die Freiburger Firma Northrop Grumman LITEF, die Sensoren
       und GPS-Geräte für militärische Fahrzeuge entwickelt, oder Tochterfirmen
       von EADS Deutschland, die Lenkflugkörpersysteme entwickeln (Cassidian
       Cybersecurity, Diehl Aerospace) oder Militärfahrzeuge zusammenbauen
       (Premium AEROTEC).
       
       Nicole Gohlke, hochschulpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im
       Bundestag, bezeichnete es als „Skandal“, dass das Bildungsministerium
       „verdeckte Rüstungsforschung“ betreibt. Millionen an Steuergeldern, die
       eigentlich für Bildung und Wissenschaft gedacht seien, flössen an die
       Waffenindustrie, so Gohlke. „Hier werden nicht nur militärische und zivile
       Forschung in gefährlicher Weise vermischt, es zeigt sich zudem eine
       unverantwortliche Prioritätensetzung des Forschungsministeriums.“
       
       ## „Zivile Sicherheitsforschung“
       
       Eine Sprecherin des Ministeriums widerspricht: Das BMBF betreibe keine
       Rüstungsforschung, sondern „zivile Sicherheitsforschung“. So würde in einem
       geförderten Projekt eine leistungsfähigere Ausrüstung von Polizei und
       Feuerwehr entwickelt, bei einem anderen Drohnen für den Einsatz bei der
       Seenotrettung erforscht. „Eine einseitige Betrachtung beteiligter
       Unternehmen ist irreführend“, so die Sprecherin, „entscheidend ist die
       zivile Ausrichtung des Forschungsprojektes.“
       
       Tatsächlich befasst sich ein Großteil der geförderten Forschungsprojekte
       mit Materialforschung oder mit der Entwicklung sicherer Daten- oder
       Steuerungssystemen. So erhielt beispielsweise Airbus vom BMBF insgesamt
       mehr als eine halbe Million Euro für das „Verbundprojekt CRYSTAL“, das
       Datenschnittstellen im Verkehrswesen sicherer machen will. Ob die
       Forschungserkenntnisse anschließend ausschließlich im zivilen Bereich
       eingesetzt werden, ist jedoch fraglich.
       
       Linken-Abgeordnete Nicole Gohlke argumentiert, dass man Aufträge mit rein
       nichtmilitärischen Nutzen nicht an Rüstungsunternehmen hätte vergeben
       müssen. Das BMBF subventioniere diese und damit deren Fähigkeit,
       Waffensysteme und Kriegsgerät auszubauen. Für die verteidigungsbezogene
       Forschung sei aber das Verteidigungsministerium zuständig.
       
       Für „Wehrforschung, wehrtechnische und sonstige militärische Entwicklung
       und Erprobung“ steht dem Ressort von Ursula von der Leyen (CDU) pro Jahr
       über eine Milliarde Euro zur Verfügung – doppelt so viel, wie das
       Bildungsministerium in zehn Jahren für die „zivile Sicherheitsforschung“
       ausgegeben hat.
       
       10 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Pauli
       
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