URI: 
       # taz.de -- Merkel-Bild mit syrischem Flüchtling: Für Hass missbraucht
       
       > Anas Modamani knipste sich mit der Kanzlerin. Nach dem Anschlag von
       > Berlin nutzen Nazis das Foto zum wiederholten Mal für Angriffe.
       
   IMG Bild: Anas Modamani und Angela Merkel im September 2015
       
       Berlin taz Durch ein Selfie mit Bundeskanzlerin Angela Merkel ist Anas
       Modamani berühmt geworden. Das in einem Flüchtlingsheim in Berlin-Spandau
       im September 2015 entstandene Bild des damals 18-jährigen syrischen
       Flüchtlings wurde zu einem Symbol. Zum Symbol für Deutschlands offene
       Grenzen in jenen Wochen, für Willkommenskultur und die Parole „Wir schaffen
       das“. Doch das ist nur die halbe Geschichte.
       
       Auch für Modamani hatte das Bild zunächst positive Auswirkungen. Plötzlich
       stand er, der übers Mittelmeer nach Europa gekommen war, im Mittelpunkt. Er
       fand Kontakt zu der Organisation „Places for Refugees“, die
       Flüchtlingspatenschaften vermittelt und für ihn eine Berliner Gastfamilie
       fand.
       
       Dort, bei der Tierärztin Anke Meeuw und ihrer Familie, lebt Modamani bis
       heute, lernte Deutsch und bekam einen subsidären Schutz, eine
       Aufenthaltsgenehmigung bis 2020. Eine
       „Friede-Freude-Eierkuchen-Geschichte“, wie Meeuw im Gespräch mit der taz
       sagt.
       
       Doch das Bild mit Merkel hat für Modamani auch eine andere Seite. Immer
       wieder nutzen es Flüchtlingsfeinde und Rassisten für ihre Propaganda – auch
       für ganz persönliche Angriffe.
       
       Seit Montagabend steht Modamani erneut ungewollt im Blickpunkt. Die rechte
       Facebokseite „Anti EU“ hat Modamani und Merkel vor den Anschlags-LKW vom
       Breitscheidplatz montiert. Darunter die perfide Schlagzeile: „Es sind
       Merkels Tote“. Genauso hatte sich auch Nordrhein-Westfalens AfD-Chef Markus
       Pretzell unmittelbar nach dem Anschlag geäußert.
       
       Meeuw kämpft nun darum, dass das Posting gelöscht wird. Auf ihre direkte
       Nachricht an die Facebookseite erhielt sie jedoch die Antwort: „Was bist du
       denn für ein Troll?“ Dabei ist das Verwenden und Verändern des Bildes
       illegal. Die Rechte liegen allein bei den Fotoagenturen Reuters und Getty
       Images. Der Missbrauch kann teuer werden.
       
       ## Lange Leidensgeschichte
       
       Die „Leidensgeschichte“ für Modamani und seine neue Familie, begann
       allerdings schon zu Ostern, wie Meeuw erzählt. Nach den Anschlägen in
       Brüssel am 22. März stellten rechte Seiten sein Bild neben ein
       Fahndungsfoto eines Terroristen – verbunden mit der Frage: „Hat Merkel ein
       Selfie mit Brüsseler Terrorist gemacht?“
       
       Meeuw reagierte öffentlich – und erntete Hunderte von Hass-Postings und
       Bedrohungen. Sie hat sich ein Screenshot-Archiv des Hasses angelegt.
       Modamani hat sich derweil von Facebook zurückgezogen, er hat Angst.
       
       Auch die bayerische AfD sprang auf, verbreitete nach dem Anschlag von
       Ansbach im Juli das Bild mit dem Titel: „Ohne Merkel wären die Täter jetzt
       nicht hier.“ Nach einer kostenpflichtigen Abmahnung von Getty Images musste
       die Partei ihren Eintrag wieder entfernen.
       
       Was Meeuw besonders umtreibt: „Hier wird ein junger Mann, der gut
       integriert ist, der gut Deutsch spricht, sein Geld selber verdient und
       seinen Integrationskurs mit 33 von 33 Punkten abgeschlossen habt, mit einem
       Terroristen verglichen.“ Die Gefahren der Hetze in den sozialen Netzwerken
       sind unabsehbar: „Ich habe Angst, dass Anas auf der Straße erkannt wird“,
       sagt Meeuw. „Wir haben ihm nach Montagabend geraten, sich aus der
       Öffentlichkeit zurückzuhalten.“
       
       22 Dec 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erik Peter
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Angela Merkel
   DIR Flüchtlinge
   DIR Hetze
   DIR Schwerpunkt Meta
   DIR Schwerpunkt Angela Merkel
   DIR Schwerpunkt Rassismus
   DIR Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
   DIR Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
   DIR Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Facebook und das Merkel-Selfie: Zu komplex fürs Eilverfahren
       
       Auslöser war ein Antrag von Anis Modamani. Aber das Landgericht Würzburg
       zwingt Facebook vorerst nicht dazu, aktiv nach Hass-Postings zu suchen.
       
   DIR Kommentar Merkel und linke Kritik: Anstand schlägt Affekt
       
       Mit Merkel geht doch noch was. Das kann die gesellschaftliche Linke aus der
       Debatte über den Anschlag von Berlin lernen.
       
   DIR Rassismus nach dem Anschlag in Berlin: Hass ist real
       
       Wenn Anschläge wie der in Berlin geschehen, häufen sich Angriffe auf
       Muslime. Ich weigere mich, darin mehr als Einzelfälle zu sehen.
       
   DIR Ermittlungen nach dem Berliner Anschlag: Was für ein Fiasko
       
       Die Sicherheitsbehörden hatten den mutmaßlichen Attentäter über Monate im
       Visier – und verloren seine Spur. Die Politik reagiert fassungslos.
       
   DIR Kommentar Terror und Flüchtlinge: Wende ohne Ende
       
       Eine verschärfte Flüchtlingspolitik hat den Anschlag in Berlin nicht
       verhindert. Wer nun noch mehr Härte fordert, bestätigt das Kalkül des IS.
       
   DIR Rechte Aktionen nach Berliner Anschlag: Stille Nacht und Hurensöhne
       
       Nazis in Berlin tun sich mit ihrer „Trauer“ schwer: Drei Aktionen
       mobilisieren nur wenige. Und viele Demonstranten stellten sich ihnen
       entgegen.