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       # taz.de -- Angriff auf Nachtclub in Istanbul: Blutbad im Reina
       
       > Ein Schütze hat auf der Neujahrsfeier in einem Istanbuler Club mindestens
       > 39 Personen getötet. Auch viele Verletzte sind zu beklagen.
       
   IMG Bild: Blick vom Bosporus auf den Club
       
       Istanbul taz | Wieder ein Terroranschlag, wieder in Istanbul. Das neue Jahr
       war noch keine zwei Stunden alt (in Deutschland hatte es noch gar nicht
       begonnen), als die Bewohner von Istanbul erneut Opfer eines schweren
       Terroranschlages wurden. Mitten in eine feiernde Menge im berühmten
       Istanbuler Nachtclub „Reina“ feuerten ein oder mehrere Täter mit
       Schnellfeuergewehren in die Menge und töteten mindestens 39 Menschen. 65
       wurden zum Teil schwer verletzt.
       
       Istanbuls Gouverneur Vasip Sahin sprach wenig später am Tatort von einem
       „brutalen, grausamen“ Anschlag auf Menschen, die zusammengekommen waren, um
       in das neue Jahr hinein zu feiern.
       
       Der oder die Täter verschafften sich Zugang zum Nachtclub, indem sie vor
       dem Eingang einen Polizisten und einen weiteren Zivilisten (vermutlich ein
       Wachmann) erschossen und dann den Club stürmten. Laut der
       Nachrichtenagentur Dogan Haber Agajsi (DHA) waren es zwei Täter, die als
       Weihnachtsmänner verkleidet waren und unter der Kutte ihre
       Schnellfeuergewehre verborgen hatten.
       
       Gouverneur Sahin sprach von lediglich einem Täter, während Augenzeugen im
       Club später von zwei, drei oder sogar vier Tätern berichteten. Auf
       Videoaufzeichnungen aus dem Club sind schemenhaft ein weiß gekleideter und
       schwarz gekleideter Mann zu sehen, die als Täter in Frage kommen. Der oder
       die Täter sind flüchtig. Es läuft seit der Nacht eine Großfahndung, die
       noch keine Ergebnisse gebracht hat.
       
       ## Treffpunkt der säkularen Schönen und Reichen
       
       Am Morgen waren Innenminister Süleyman Soylu und Gesundheitsminister Mehmet
       Aktar am Tatort. Soylu berichtete gegenüber der Presse, es seien 21 Opfer
       identifiziert worden, darunter seien 15 Ausländer, über deren Nationalität
       noch nichts bekannt gegeben wurde. Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte,
       der Täter wollte Chaos verbreiten, um das Land zu schwächen. Man werde aber
       im Kampf gegen den Terrorismus nicht nachlassen.
       
       Der Tatort ist einer der bekanntesten Nachtclubs in Istanbul. Er liegt in
       Ortaköy, direkt am Bosporus, in einer Reihe mit dem Hotel Kempinski, dem
       Radisson und dem Four Seasons. Er ist zum Wasser hin offen, weshalb etliche
       Besucher während des Angriffs in Panik ins Wasser sprangen und von dort
       dann gerettet werden mussten.
       
       Der Club ist der Treffpunkt der säkularen Schönen und Reichen der Stadt.
       Der Club wird von privaten Wachleuten gesichert, in der Silvesternacht war
       zusätzlich noch Polizei vor Ort. Die Gäste glaubten sich deshalb in
       Sicherheit, die Party war um kurz nach 1 Uhr, als plötzlich geschossen
       wurde, voll im Gange. Sofort brach Panik aus. Im Fernsehen waren Bilder zu
       sehen, wie Männer im Smoking und Frauen in Abendkleidern auf die Uferstraße
       am Bosporus stürmten.
       
       ## Wieder Besiktas
       
       Über die Motive und den Hintergrund der Täter ist noch nichts bekannt. Das
       Angriffsziel und die Art des Attentats auf hilflose Zivilisten, die ins
       neue Jahr feierten, legt allerdings die Vermutung nahe, dass es sich um
       islamistische Terroristen handelt, die im Auftrag des IS unterwegs sind.
       Vor dem Silvesterabend hatte es zahlreiche Aufrufe zur Vorsicht gegeben.
       Zentrale Plätze Istanbuls waren von der Polizei stark gesichert worden,
       Taksim Platz und Istiklal Caddesi konnten nur nach Personenkontrollen
       betreten werden.
       
       Dennoch konnte dieser Terroranschlag nur drei Wochen nach dem letzten
       Anschlag am Stadion des Fußballvereins Besiktas wieder nicht verhindert
       werden. Auch das Reina liegt im Bezirk Besiktas, der eine Hochburg der
       säkularen Bevölkerung der Stadt ist.
       
       1 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Gottschlich
       
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