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       # taz.de -- Kunstkritiker John Berger gestorben: Der erste, der Kunstkritik politisierte
       
       > Picassos Karriere hing zusammen mit der Konsumgesellschaft seiner Zeit,
       > analysierte einst John Berger. Nun ist er im Alter von 90 Jahren
       > gestorben.
       
   IMG Bild: Der Kubismus habe die russische Revolution vorhergesagt, sagte John Berger
       
       Paris/Berlin ap/taz | Er war ein Pionier der politischen Perspektive der
       Kunstkritik: Der britische Autor John Berger ist am Montag gestorben. Der
       90-Jährige habe sich zuletzt in seinem Haus im Pariser Vorort Antony
       aufgehalten, teilte ein Freund Bergers, der britische Schauspieler Simon
       McBurney, mit. Seit einem Jahr sei er krank gewesen.
       
       Berger war ein marxistischer Intellektueller. Er schrieb kunsthistorische
       Bücher, Romane, Gedichte, Theaterstücke und Schriften, die in keine
       etablierte Form passten. Immer wieder forderte er die traditionellen
       Sichtweisen auf Kunst und Gesellschaft und ihre Verbindungen heraus.
       
       Er politisierte unter anderem mit seinem 1972 erschienenen Buch „Ways of
       Seeing“ („Sehen“), das später in den allgemeinen Lehrplan vieler
       Universitäten aufgenommen wurde. Es sei das Sehen, das den Platz des
       Menschen in seiner ihn umgebenden Welt bestimme, schrieb Berger darin. Mit
       Worten hingegen werde die Welt lediglich beschrieben und nicht geformt.
       
       Ein weiteres Politikum war seine Haltung zum umstrittenen Werk „Die
       Satanischen Verse“ von Salman Rushdie, das 1988 veröffentlicht wurde.
       Nachdem die Islamische Republik Iran aufgrund des Buches ein Kopfgeld auf
       Rushdie aussetzte, bekam er von vielen Schriftsteller-Kollegen
       Rückendeckung. [1][Von Berger jedoch nicht].
       
       Für seinen Roman „G“ gewann Berger 1972 den begehrten Booker Prize.
       Zusätzliches Aufsehen erregte, dass er versprach, die Hälfte des
       Preisgeldes an die revolutionäre US-Bewegung Black Panther zu spenden.
       Damals sagte er, die Ideen der Gruppe entsprächen seiner politischen
       Gesinnung.
       
       1965 untersuchte er die Rolle, die möglicherweise der Konsum für den
       Aufstieg und Fall von Pablo Picasso gespielt haben könnte. Zudem stellte er
       die Theorie auf, der Kubismus habe die russische Revolution vorhergesagt.
       
       Noch im vergangenen Jahr erschien eine Dokumentation über Berger, die von
       der Schauspielerin Tilda Swinton, einer langjährigen Freundin, gedreht
       wurde. Sie nennt ihn darin einen „radikalen Humanisten“.
       
       3 Jan 2017
       
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   DIR [1] https://www.theguardian.com/books/2009/jan/11/salman-rushdie-satanic-verses
       
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