# taz.de -- Kommentar Schwimmunterricht: Der salomonische Burkini
> Mädchen zum Schwimmunterricht zu verpflichten, hat gute Gründe: Eine
> Trennung der Geschlechter ist immer zum Nachteil von Frauen.
IMG Bild: Mädchen müssen schwimmen können: gemeinsamer Schwimmunterricht in Frankfurt/Oder
Sie haben immer etwas von Zwangsbeglückung, diese Urteile, nach denen
Kinder zum gemeinsamen Schwimmunterricht verpflichtet werden können, wie es
[1][der Europäische Menschenrechtsgerichtshof nun verfügt hat]. Mädchen
werden gezwungen, am Schwimmunterricht mit Jungen teilzunehmen, obwohl sie
weder halbnackte Jungen sehen noch selbst in Augenschein genommen werden
wollen. Gehört zum Grundgesetz tatsächlich, dass man die Schamgrenzen
anderer Leute nicht respektiert?
Die Entscheidungen der Gerichte dazu stehen tatsächlich unter
Arroganzverdacht: Unsere Nacktheit ist besser als eure Scham und eure
Religion, die euch diese Regeln auferlegt.
Aber so einfach ist es eben nicht. Mädchen müssen schwimmen können. Und es
hat durchaus einen Wert, wenn Mädchen und Jungen dies gemeinsam tun. Wenn
sie den unbefangenen Umgang auch mit dem leicht bekleideten anderen
Geschlecht erlernen. Wenn die Geschlechter eben nicht so irre sexuell
aufgeladen werden wie im strengen Islam, der sie deshalb trennt. Es gibt
gute Gründe dafür, dass zumindest Kinder vor der Pubertät sich gegenseitig
als alltäglich und normal wahrnehmen und nicht als das andere Geschlecht,
das man auf Abstand hält.
Das wären pädagogische Gründe für die Koedukation, es gibt aber auch
verfassungsrechtliche Gründe: Geschlechtertrennung geht immer auf Kosten
der Frauen und Mädchen. Sie werden verhüllt, sie werden vom Schwimmen
abgemeldet, sie bleiben im Haus. Und das berührt das Recht eines jeden,
sich frei zu entfalten, und vor allem berührt es den Gleichheitsgrundsatz
in Artikel 3: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der
Gleichberechtigung.“
Deshalb ist die Lösung, Mädchen im Burkini zum Schwimmunterricht
zuzulassen, eine salomonische. Man kommt den religiösen Bedürfnissen der
Muslime entgegen, aber eine Beeinträchtigung der kindlichen
Entfaltungsfreiheit lässt man nicht zu. Gut so.
10 Jan 2017
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## AUTOREN
DIR Heide Oestreich
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