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       # taz.de -- Kiel will Abschiebestopp: Neues sicheres Ankunftsland
       
       > Schleswig-Holstein kündigt einen Abschiebestopp für afghanische
       > Flüchtlinge an. Die Sicherheitslage habe sich rapide verschlechtert.
       > Hamburg zieht nicht mit.
       
   IMG Bild: Anhaltende Unsicherheit: Afghanische Flüchtlinge demonstrieten in Hamburg schon 2005 gegen drohende Abschiebungen
       
       Hamburg taz | Schleswig-Holstein bäumt sich gegen das
       Bundesinnenministerium auf: Innenminister Stefan Studt (SPD) hat in einem
       Konsultationsschreiben an seine Senatoren- und Ministerkollegen in den
       anderen Bundesländern angekündigt, einen zunächst dreimonatigen
       Abschiebestopp für Flüchtlinge aus Afghanistan zu erlassen, die in dem
       Nordland leben. Er halte Afghanistan grundsätzlich nicht für ein sicheres
       Land und die Lage dort habe sich zuletzt verschlimmert.
       
       Studt bezieht sich dabei auf einen neuen Zustandsbericht zur
       Sicherheitslage in Afghanistan durch das UNO-Flüchtlingswerk (UNHCR), auf
       den er auf der Innenministerkonferenz Ende Novemberbestanden hatte.
       
       Obwohl der Bericht seit Weihnachten dem Bundesinnenministerium in Berlin
       vorliegt, hat Innenminister Thomas de Maizière (CDU) ihn bislang unter
       Verschluss gehalten. Erst jetzt ist das Papier den Innenministern und
       -senatoren über die Geschäftsstelle der Innenminsterkonferenz zugesandt
       worden.
       
       „Der aktuelle UNHCR-Bericht bestätigt meine Bedenken: Die Sicherheitslage
       in Afghanistan ist nicht nur grundsätzlich kritisch, sie hat sich in den
       vergangenen Monaten noch einmal rapide verschlechtert“, sagte Studt.
       
       In dem Bericht, der der taz vorliegt, zeigt sich der UNHCR „überrascht“,
       dass die Entwicklung der Anerkennungsquote für afghanische Flüchtlinge
       durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge rückläufig sei. Denn seit
       einer Feststellung des UNHCR zum Schutzbedarf afghanischer Asylsuchender
       vom April 2016 sei die Sicherheitslage bis zum Jahresende nochmals
       schlimmer geworden.
       
       Laut UNHCR stieg die Zahl der „innerstaatlichen bewaffneten Konflikte“.
       Dabei seien 1.600 Zivilisten getötet und 3.500 Menschen verletzt sowie
       530.000 Menschen in die innerstaatliche Flucht getrieben worden. Nach der
       Definition und den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes des
       „innerstaatlichen bewaffneten Konflikts“ müsse afghanischen Flüchtlingen
       zumindest ein „subsidiärer Schutz“ als Bürgerkriegsflüchtlingen gewährt
       werden. „Eine Rückführung in Sicherheit und Würde dürfte somit kaum möglich
       sein“, schreibt Studt und forderte seine Amtskollegen zu einer
       Stellungnahme auf.
       
       „Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) muss erklären, wie vor diesem
       Hintergrund die Schutzquote sinken kann und wie er Rückführungen nach
       Afghanistan in Sicherheit und Würde gewährleisten will“, sagte Studt. Zu
       dem dreimonatigen Abschiebestopp, den er verfügen wolle, habe er rechtlich
       die Grundlage.
       
       In die gleiche Richtung tendiert auch Bremen: „Wir haben hier zwar keinen
       Erlass, aber sehen die Sicherheitslage sehr, sehr kritisch“, sagte die
       Sprecherin des Bremer Innenressorts, Rose Gerdts-Schiffler, der taz.
       Niedersachsen prüft zurzeit den Kieler Vorstoß.
       
       Während Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen sich schon an der
       von Bundesinnenminister de Maizière initiierten Sammelabschiebung von 34
       Afghanen am 14. Dezember nicht beteiligt hatten, hatte Hamburg unter
       Hinweis auf Vorgaben des Bundes sieben Personen in den Abschiebeflieger
       gesetzt. Innensenator Andy Grote (SPD) versteckt sich weiterhin hinter de
       Maizière: „Primär ist dazu jetzt das Bundesinnenministerium gefordert“,
       ließ Grote erklären. „Unabhängig davon beobachten wir natürlich die
       Entwicklung und die Bewertung der Lage sehr genau.“
       
       Der grüne Koalitionspartner in Hamburg begrüßte den Vorstoß
       Schleswig-Holsteins. „Das ist ein gutes Signal“, sagt die innenpolitische
       Sprecherin Antje Möller. Die Grünen hätten schon immer einen „kritischen
       Blick“ auf die Rückführungen gehabt, weil Afghanistan kein sicheres Land
       sei. „Ich bin gespannt auf die Reaktionen der anderen Bundesländer“, sagte
       Möller.
       
       11 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai von Appen
       
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