# taz.de -- Gleicher Lohn für Frauen: Gretchen darf fragen
> Unternehmen müssen künftig ihren Mitarbeiterinnen Auskunft darüber geben,
> wie viel ihre männlichen Kollegen verdienen.
IMG Bild: Guter Dinge: Ihr Gesetzentwurf zu mehr Lohngleichheit wurde angenommen
Berlin taz | Bei ihrer Abschiedsfeier erfuhr sie, was sie immer vermutet
hatte: Die männlichen Kollegen verdienten viel mehr. Hätte die
Arbeitnehmerin das früher erfahren, wäre ihre letzte Gehaltsverhandlung
vielleicht ganz anders gelaufen. Dann gäbe es keine Abschiedsfeier, weil
sie nie gekündigt hätte.
Laut Manuela Schwesig ist dieser reale Fall typisch – und einer der
letzten. Die SPD-Ministerin hat die Union nach langem Streit von ihren
Vorschlägen zur Lohngleichheit überzeugt. Am Mittwoch hat die
Bundesregierung die Gesetzesvorlage beschlossen. „Es geht darum, mit einem
Tabu zu brechen: über Geld redet man nicht“, so Familienministerin
Schwesig.
Das Entgeltgleichheitsgesetz soll die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen
schließen. Dafür soll eine klare Rechtslage geschaffen werden. Angestellte
können künftig erfragen, wie viel die Kollegen des anderen Geschlechts für
die gleiche Arbeit bekommen. Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten
müssen diese Auskunft auf Anfrage erteilen.
Unternehmen mit mehr als 500 Angestellten müssen regelmäßig öffentlich
berichten, wie weit sie mit der Gleichstellung sind. Außerdem sind sie
aufgefordert, laufend ihre Entgeltstrukturen zu prüfen.
## Öffentliche Ungerechtigkeit
Staatliche Sanktionen erwarten die Unternehmen jedoch nur, wenn sie sich
nicht an ihre Auskunfts- und Berichtspflicht halten. Wenn sie ungleich
bezahlen, drohen ihnen zunächst keine Konsequenzen. Allerdings ist die
Ungerechtigkeit dann öffentlich. „Es liegt bei den Betriebsräten, das zum
Thema zu machen“, sagt Schwesig über solche Fälle. Da es um große
Unternehmen mit in der Regel gut ausgebauter Sozialpartnerschaft gehe,
sollte öffentlicher Druck ausreichen.
Laut dem Familienministerium erreicht das Gesetz 14 Millionen Beschäftigte,
also rund ein Drittel aller Arbeitnehmer in Deutschland. Über Regeln für
kleinere Firmen denke man im Ministerium derzeit nach.
Die Union hatte alle diese Regeln lediglich auf Unternehmen mit mehr als
500 Beschäftigten anwenden wollen. Außerdem hatte sie das Konzept als zu
bürokratisch abgelehnt. Dabei ist der Kampf gegen die Lohnungleichheit im
Koalitionsvertrag verankert.
Frauen verdienen im Durchschnitt 21 Prozent weniger als Männer. Zwar liegt
das auch daran, dass Frauen häufiger in Teilzeit und in sozialen Berufen
mit geringerem Verdienst arbeiten und seltener Chefinnen werden. Doch wenn
diese Faktoren herausgerechnet werden, bleibt immer noch eine Lücke von 7
Prozent, so das Statistische Bundesamt.
12 Jan 2017
## AUTOREN
DIR Jana Anzlinger
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