# taz.de -- Straßenverkehr: Die Neue sagte Autos den Kampf an
> Verkehrs- und Umweltsenatorin Günther will Dieselfahrzeuge aus der City
> verbannen und denkt an ein Fahrverbot vor Schulen zu Unterrichtsbeginn.
IMG Bild: Die parteilose Verkehrssenatorin Regine Günther (rechts) mit ihren beiden grünen Senatskollegen
Berlins neue Verkehrs- und Umweltsenatorin Regine Günther will einen neuen
Anlauf für ein Verbot von Dieselfahrzeuge in der Innenstadt. Das 2016 auf
Bundesebene diskutierte Projekt einer „blauen Plakette“ ist aus ihrer Sicht
mitnichten gescheitert, „aber es war auf keinem guten Weg“. Günter, im
Dezember als Parteilose von den Grünen ins Amt geholt, will dabei keinen
Berliner Alleingang. „Ich strebe eine bundesweite Lösung an“, sagte sie am
Mittwoch gegenüber Journalisten.
Die Idee der blauen Plakette war unter den Länder-Umweltministern zwar auf
Zustimmung gestoßen, doch letztlich zog das Bundesumweltministerium eine
entsprechende Vorlage zurück. Die Plakette würde zwar nicht grundsätzlich
Diesel-Autos aus der City verbannen, aber jene, die über einer bestimmten
Abgasnorm liegen – und das trifft für fast alle Dieselfahrzeuge in
Deutschland zu.
Günther verwies darauf, dass der Grenzwert für belastende Stickoxide an
Berlins Hauptstraßen teils um das fünffache überschritten werde. Erste
eigene Maßnahme des Landes soll sein, sämtliche Wagen im Landesbesitz
umzurüsten oder auszutauschen. „Wir sind auch in Verhandlungen mit der
BVG“, sagte Günther: Im ersten Schritt sollen demnach 200 Busse einen
Dieselfilter bekommen.
Im besonders von Abgasen belasteten Stuttgart waren Empfehlungen, das Auto
stehen zu lassen, genauso wirkungslos verpufft wie Anreize über verbilligte
Fahrscheine für Bus und Bahn. Auf die Frage, ob als Konsequenz Verbote
unausweichlich sind, sagte Günther: „Auf Einsicht und Rücksichtnahme zu
setzen, ist gut – aber irgendwann zeigt sich dann auch, dass es zu nichts
geführt hat und man überlegen muss, wie man anderweitig zum Ziel kommt.“
Diese Einschätzung bezog die Senatorin auch auf die Ignoranz von
Autofahrern gegenüber Schülerlotsen vor Schulen. Dieses Problem gibt es
trotz vieler Ermahnungen, Bitten und zwischenzeitlicher Polizeipräsenz
vielerorts seit vielen Jahren – doch erst nachdem eine Grundschule in
Schöneberg jüngst seinen Schülerlotsen-Dienst aus Angst um die Kinder
öffentlichkeitswirksam stoppte, zeigte das eine Wirkung wie ein Brandbrief:
Das Thema wird seither breit diskutiert – so breit, dass Günther am
Mittwoch auch nicht ausschloss, Straßen an Schulen morgens vor
Unterrichtsbeginn eine halbe Stunde sperren zu lassen.
So typisch grün das für Auto-Lobbyisten klingen dürfte: Günther will
weiterhin nicht in die Partei eintreten, die sie von ihrem langjährigen Job
beim Umweltverband WWF wegholte. „Ich will das nicht für alle Zeiten
ausschließen, aber ich halte es derzeit nicht für notwendig“, sagte
Günther.
In ihrer Behörde in Mitte lief den anrückenden Journalisten am
Mittwochmorgen auch Neuköllns Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) über
den Weg. Die bat, Günther nach einer Verlängerung der U-Bahn-Linie 7 über
Rudow hinaus nach Schönefeld zu fragen. Die Antwort der Senatorin: „Wir
arbeiten daran.“
11 Jan 2017
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DIR Stefan Alberti
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