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       # taz.de -- Debatte Reden wie Donald Trump: Nebensätze sind obsolet!
       
       > Jetzt, da der Narzissmus regiert, sind Inhalte egal. Was will uns dieser
       > Politikstil sagen? Richtig: Tötet die Sprache und den Inhalt.
       
   IMG Bild: Eiskalt
       
       DiesenFreitag wird der echte Donald Trump der echte Präsident von Amerika.
       Schon vorher wurde [1][@realDonaldTrump] wie ein Präsident hofiert. Ich und
       die meisten anderen haben viel gelernt seither. Zum Beispiel: Nebensätze
       vermeiden. Mit Hauptsätzen wird man weltberühmt. Ab und zu darf man
       durchdrehen. Wenn man durchdreht, hat man maximal vier Tweets dafür.
       
       Die ganze Welt berichtet unermüdlich über Trump und seine Tweets. Das
       reinste Naturphänomen. Das ist die Kraft von Trump! „It'sbecause of the
       power of my movement!!“ Das würde Trump sagen. Es heißt dann: Trump sei ein
       begnadeter Medienmensch und wisse, wie das mit den Medien gehe. Selten sagt
       einer: Es liegt an den unbegnadeten Medienmenschen, die nicht wissen, wie
       das mit Trump geht. Die hängen nämlich nicht an seinen Tasten wie
       Marionetten. This is journalism NOT. Das würde ich jetzt tweeten, wäre ich
       Trump. Dann würdet ihr ab jetzt bis mindestens Freitag darüber reden
       müssen, was Journalismus ist oder nicht ist. Und die Begründung wäre: Er
       bringt es so einfach rüber, jeder versteht es. Von „White Privilege“ kein
       Wort.
       
       Diese Welt aus Hauptsätzen macht jetzt schon Kopfschmerzen. Wie will Trump
       den Eid auf die Verfassung schwören? Er hat dann sicher sein Handy dabei.
       Vielleicht übernimmt das Siri für ihn. Vielleicht hat er aber gar kein
       iPhone. Eher ein Blackberry. Frauen werden protestieren. Bei dem
       Women'sMarch nach Washington am Samstag marschieren aber nicht nur Frauen.
       Trump und sein Kabinett haben eine Botschaft, mit der viele nicht
       einverstanden sind: 2017 braucht Erfolg weder Schwarze noch Frauen. Es geht
       schließlich um das Große Amerika – ganz ohne Diversität. Trump ist der
       Anti-Trudeau.
       
       Mit der Suche nach dem großen Amerika ist die Narzissmus-Seuche endgültig
       ausgebrochen. Die Medien machten und machen Trump zu Trump. Das sagt auch
       Trump. Ich würde sagen: Das sind wirklich schlechte Medien!!! Trump sagt
       das auch. Aber nur, wenn die Medien ihn kritisieren. Deshalb redet Trump
       nur mit Qualitätsjournalisten, die ihn als Gottes besten blondierten Sohn
       erkennen. Zum Beispiel mit einem, der als Karikatur in Übergröße an der
       Hausfassade der taz hängt. [2][DAS INTERVIEW] war eine ganz ganz große
       Sache!!!! Auch die ganz großen Zeitungen [3][schrieben darüber]. Ich bin
       NICHT stolz auf die Zeitungen! Auch die „Tagesschau“ berichtet fast sieben
       Minuten über das Interview. NICHT FAIR!!!
       
       Der deutsche Interviewer twittert seitdem über jeden Bericht: ICH habe das
       Interview geführt. Er sagt, er habe selbst den Termin für das Interview
       gemacht. Auch das waren wichtige News. Wird er in den Nachberichten nicht
       genannt, twittert er: Hier steht nicht mein Name oder der meiner Zeitung.
       Die anderen, die meinen Namen nicht erwähnen, sind alle ganz ganz klein.
       Das klingt schon wie Trump. Ich könnte dazu jetzt sehr viel mehr sagen.
       Aber ich möchte verstanden werden. Das geht nur in Hauptsätzen und
       Großbuchstaben. Ein Thomas Bernhard hätte heute keine Chance. Wegen der
       langen Sätze. Auch weil er ein aufrechter Nestbeschmutzer war. Kritiker
       haben heute keine Zeit für Kritik. Sie müssen die Öffentlichkeit nutzen, um
       sich selbst zu loben. Sonst können sie nicht mit dem Selbstlob der anderen
       mithalten. Und dann kommen sie nicht in der Zeitung. Oder dürfen nicht mit
       Trump reden.
       
       Was will uns dieser Politikstil sagen? Tötet die Sprache! Tötet die Analyse
       des Inhalts! Es ist alles nur noch Behauptung, Duktus, Macht. Die
       preisgekrönte CNN-Journalistin Hala Gorani fragte den deutschen Interviewer
       von Trump: Macho-Stil, alles klar – aber was ist mit den Inhalten? Der
       deutsche Interviewer antwortete nur: „Trump ist jetzt gewählt!“ Das sind
       News von gestern, verdammt!!!! This is journalism NOT!!! Der Interviewer
       kritisiert die Trump-Kritiker. Hinnehmen! Berichten! Den Willen des Volkes
       akzeptieren! Als Trump würde ich die Nacht darauf so was twittern wie:
       „Dieser überschätzte Journalist hat mir nicht zu sagen, was ich zu
       akzeptieren habe!!!“
       
       Ich bin Demokratin. Wie viele andere in den USA, die Trump NICHT gewählt
       haben. Es haben ihn mehr Wähler NICHT gewählt. Es ist ihr Job als
       Demokraten, ihre Demokratie zu überwachen. Dazu brauchen Demokraten die
       Medien als vierte Gewalt. Trump sperrt die vierte Gewalt aus. Und lässt
       somit die Demokratie vor der Tür stehen. Trump antwortet auf eine unbequeme
       Frage mit YOU NOT! Wenn es mit Trump nicht kracht, dann, weil man seine
       Agenda befördert.
       
       ## This is Verharmlosung!
       
       Fast könnte man in Nebensätze verfallen … Aber das bringt keinen Erfolg.
       Jeder sagt mir: Trump ist so erfolgreich, weil er klar und kurz redet.
       Jeder versteht ihn. Nein! Jeder hört und sieht ihn ständig, das ist sein
       Erfolg. Was Trump sagt, wird endlos wiederholt, als wäre dieses Echo ein
       Naturgesetz. Als würde jeder, der sich einfach ausdrückt, verstanden und
       multipliziert. Trump verkauft uns für dumm. Und wir zahlen auf sein Konto
       ein.
       
       Über Medien sagt er: Ich twittere – und sie schreiben über mich. Er hält
       nichts von der Presse. Er hält nichts von Gesetzen, die Nepotismus
       verhindern. Er hält nichts von Demokraten, die nicht für ihn stimmen. Er
       hält nichts von der Geschichte der Menschheit. Der erste deutsche
       President-elect-Trump-Interviewer analysiert das in etwa so: Trump legt die
       Fakten auf den Tisch. Er regiert wie ein Businessman. Ich sage: Er ist ein
       Businessman, der von modernem Leadership nichts gehört hat. This is
       Verharmlosung! This is kritischer Journalismus NOT!
       
       Viele, die dagegenhalten wollen, kommen jetzt auf folgende Idee:
       Machtbewusst MAKE EUROPE GREAT AGAIN rufen! #MEGA statt #MAGA also, kann
       nur gut sein. Dabei weiß doch jeder, der schon einmal einen Hollywood-Film
       gesehen hat: Der Gegner siegt, wenn du ihn mit seinen Mitteln schlägst. Du
       brauchst, wie Karate Kid, einen Mister Myagi, der dir den unerwarteten Dreh
       zeigt. Auftragen, polieren, mit Geduld, Anmut und Disziplin. Das Prinzip
       Trump soll nach Europa schwappen. Viele unbedeutende Nachwuchsparteien
       machen es ihm nach. Doch Europa ist stärker! Mauern sind obsolet!! Die
       hatten wir schon. End of Tweet.
       
       18 Jan 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/realDonaldTrump
   DIR [2] http://www.bild.de/bild-plus/politik/ausland/donald-trump/das-grosse-bild-interview-49790140,view=conversionToLogin.bild.html?gclid=CIWdlLKky9ECFY-ZGwod9fkEhQ
   DIR [3] /!5374395
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jagoda Marinić
       
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