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       # taz.de -- Reaktionen auf das NPD-Urteil: Jetzt geht’s an die Kohle
       
       > Nach dem gescheiterten Verbot der NPD geben sich die Länder trotzig und
       > prüfen den Entzug von Staatsgeldern für die Partei. Die feiert derweil.
       
   IMG Bild: Frank Franz und NPD-Anwalt Peter Richter im Gerichtssaal in Karlsruhe
       
       BERLIN taz | Am Ende stellt sich der NPD-Tross noch mal zum Gruppenfoto vor
       das Bundesverfassungsgericht. Grinsend blinzeln sie gegen die Sonne,
       Parteichef Frank Franz und die anderen recken die Daumen nach oben. Erst
       als die Neonazis auch noch ein Banner entrollen, verscheucht sie ein
       Polizist.
       
       Kurz zuvor hatten die Verfassungsrichter ein Verbot der
       Nationaldemokratischen Partei abgelehnt, das die Bundesländer 2013
       beantragt hatten: Auch wenn die NPD zweifelsfrei die „demokratische
       Grundordnung missachtet“, sei sie derzeit zu bedeutungslos, um diese
       tatsächlich zu gefährden.
       
       Im Grunde ist das Urteil eine Schmach – aber die NPD feiert es als Sieg.
       Zum zweiten Mal seit dem ersten Versuch 2003, scheitert der Staat mit dem
       Verbot der Rechtsextremen. „Nichts anderes haben wir erwartet“, tönt
       Parteichef Franz noch im Gerichtssaal. „Jetzt starten wir durch.“
       
       Die Schar der nach Karlsruhe angereisten Innenminister übt sich dagegen in
       trotzigem Optimismus. „Es war richtig, dass wir den Antrag gestellt haben“,
       sagt Markus Ulbig (CDU) aus Sachsen, bis heute eine der Hochburgen der NPD.
       Auch wenn man sich ein anderes Ergebnis gewünscht hätte: „Die
       Demokratiefeindlichkeit der NPD ist jetzt ganz deutlich geklärt.“
       
       Auch sein Kollege Lorenz Caffier (CDU) aus Mecklenburg-Vorpommern will
       nicht von Enttäuschung sprechen. Das Gericht sei den Ländern ja in vielen
       Punkten gefolgt. „Wir werden in der Auseinandersetzung mit dem
       Rechtsextremismus nicht an Intensität nachlassen. Da sind wir gut
       aufgestellt.“
       
       Malu Dreyer, SPD-Regierungschefin von Rheinland-Pfalz und derzeit
       Bundesratspräsidentin, nennt das Verbot „nur eine Maßnahme von einer ganzen
       Palette“. Man werde nun weiter etwa auf Prävention oder politische Bildung
       setzen.
       
       ## 1,3 Millionen Euro erhielt die NPD 2015
       
       Mehrere Innenminister stellen sich hinter einen Plan, den ihnen die
       Verfassungsrichter am Dienstag nahelegten: der NPD die staatliche
       Finanzierung entziehen. 1,3 Millionen Euro erhielt die Partei 2015 vom
       Staat, im Jahr zuvor waren es 1,4 Millionen. „Das sollten wir nun dringend
       angehen“, sagt Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD). „Es ist
       dem Bürger nicht vermittelbar, dass Extremisten aus Steuergeldern
       finanziert werden.“ Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU)
       kündigt an, das „sorgfältig prüfen zu lassen“.
       
       Die NPD interessiert das an diesem Tag nicht. „Treten Sie jetzt zurück?“,
       ruft ein Funktionär im Treppenhaus Minister Caffier zu. Der ruft zurück:
       „Warum denn?“ Für de Maizière ist die derzeitige Schwäche der NPD „ein
       starkes Zeichen dafür, dass wir in den letzten Jahrzehnten die
       Auseinandersetzung erfolgreich geführt haben“. Davon sollte man sich für
       den „dringlichen“ Einsatz gegen die ansteigende Demokratiefeindlichkeit
       „ermutigen“ lassen. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) betont: „Klare
       Haltung gegen rechte Hetze zu zeigen, ist eine gesamtgesellschaftliche
       Aufgabe für uns alle.“
       
       Die NPD darf ihre rund 340 Kommunalmandate behalten. Auch das letzte
       prominente Mandat – Exbundeschef Udo Voigt im Europaparlament – bleibt.
       Bereits am Samstag lädt die Partei ins sächsische Riesa zum
       „Jahresauftakt“. Schon zuvor hatte sie in ihren Shop einen Dosensekt für
       drei Euro aufgenommen: „Karlsruher Perlwein, auf den Freispruch“.
       
       ## AfD statt NPD
       
       Die Aussichten für den angekündigten „Neustart“ sind indes mau. Vor der
       nächsten Landtagswahl, im März im Saarland, ist die NPD in Umfragen nicht
       messbar – genauso wenig wie im Mai in NRW und Schleswig-Holstein. Gut dabei
       ist dagegen überall dort die AfD.
       
       NPD-Chef Franz betont trotzig den jüngst beschlossenen Dreijahresplan: Bis
       2019, zur nächsten aussichtsreichen Wahl in Sachsen, will die Partei ihre
       Aktivitäten stärker bündeln, um so „Achtungserfolge zu erzielen“. Andere
       NPDler wollen aber einen härteren Kurs. Noch in Karlsruhe riet Voigt seiner
       Partei, wieder Alleinstellungsmerkmale wie die Wiedereinführung der
       Todesstrafe oder einen Ausländerrückführungsplan herauszustellen. Franz,
       der sich um eine Modernisierung der NPD bemüht, lehnt das ab.
       
       Sachsens Verfassungsschutzchef Gordian Meyer-Plath fürchtet indes genau
       Voigts Szenario. „Es ist zu befürchten, dass sich die NPD radikalisiert, um
       ihren Abwärtstrend umzukehren.“ Eine Entscheidung könnte der nächste
       Bundesparteitag bringen, den die Partei Anfang März im Saarland abhalten
       will. Dort steht auch die Wiederwahl von Franz an. Wohin die NPD jetzt
       steuert, man wird es spätestens dann wissen.
       
       17 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Konrad Litschko
       
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