# taz.de -- Höcke, die AfD und Rechtsextremismus: Altes in neuer Verpackung
> Björn Höckes Entgleisung zur deutschen Gedenkkultur zeigt einmal mehr:
> Die AfD ist keine normale Partei. Aber ist sie schon rechtsextrem?
IMG Bild: Leicht mit Rechtsextremen zu verwechseln: die AfDler Björn Höcke und Andre Poggenburg
Klar, Provokation ist Programm bei der AfD. Ist die Grenze zum
Rechtsextremismus überschritten, wenn Frauke Petry NS-Vokabular wie
„völkisch“ wieder normalisieren will, wenn Beatrix von Storch wie
selbstverständlich [1][den Begriff „Bevölkerungsaustausch“] verwendet,
Alexander Gauland der Nationalelf bescheinigt, nicht mehr deutsch [2][im
„klassischen Sinne“] zu sein, und wenn nun Björn Höcke das
Holocaust-Mahnmal in Berlin als [3][„Mahnmal der Schande“] bezeichnet?
Tatsache ist: Die AfD traut sich verdammt oft an diese Grenze heran.
Die AfD ist freilich nicht nur ihr völkisch-nationaler Flügel. Sie ist
nicht nur ihr Landesverband Sachsen-Anhalt, der Museen, Orchester und
Theater in der Pflicht sieht, einen [4][„positiven Bezug zur eigenen
Heimat“] zu fördern. Sie ist auch nicht nur diejenigen ihrer Abgeordneten,
die Politik aus Angst vor einem [5][„schleichenden Genozid“] an weißen
Deutschen machen. Und sie ist nicht nur Björn Höcke, der mit dem
Versprechen eines [6][„vollständigen Sieges“ der AfD] knapp an der
Goebbels-Formel vom „totalen Krieg“ vorbeischrammte.
Aber irgendwann muss ein Schritt zurück gemacht werden. Die vielen
einzelnen Mosaiksteine ergeben ein großes Bild. Und dieses Bild zeigt keine
Partei mitten im demokratischen Konsens, die konservative, aber diskutable
Positionen vertritt. Es ist das Bild einer Partei, die immer knapp an der
roten Linie entlangtänzelt. Sie signalisiert, die neue völkische Kraft sein
zu wollen – aber ohne die Nachteile, die man hat, wenn man offen so genannt
wird.
Als rechtsextrem etabliert ist die NPD, deren [7][„Wesensverwandtschaft mit
dem Nationalsozialismus“] erst kürzlich vom Bundesverfassungsgericht
bestätigt wurde. Der Verfassungsschutz nennt die Vorstellung einer
„ethnisch homogenen ‚Volksgemeinschaft‘“ das [8][„ideologische Kernelement“
der Partei] – den aus dem Nationalsozialismus stammenden Begriff
„Volksgemeinschaft“ verwendet die NPD offen in ihrem Parteiprogramm. Sie
lehnt jegliche Einwanderung, „ob mit oder ohne Einbürgerung“, ab, sieht die
„deutsche Familie“ als Grundlage des Volkes, fordert mehr
Volksabstimmungen, einen mächtigen „Präsidenten der Deutschen“ und eine
Entmachtung politischer Parteien. Es gibt klare Unterschiede zwischen der
NPD und dem AfD-Grundsatzprogramm – aber auch die Ähnlichkeiten sind nicht
zu übersehen.
Die AfD lehnt Einwanderung nicht grundsätzlich ab, will sie aber deutlich
einschränken. Am wünschenswertesten sei für sie „Assimilation“. In
Deutschland geborenen Kindern von Ausländern will sie die
Staatsbürgerschaft vorenthalten. Schließlich zieht sie den kruden Vergleich
zwischen Geburtsraten von „Migranten“ und „deutschstämmigen Frauen“.
Spätestens hier wird klar: Deutsche sind für die AfD nicht jene, die die
deutschen Staatsbürgerschaft haben, sondern nur solche, die deutscher
Abstammung sind.
## Ablehnung der deliberativen Demokratie
Auch das politische System, das die AfD anstrebt, ist dem der NPD nicht so
unähnlich: Sie fordert einen „Nationalstaat des deutsche Volkes“. Alle
Gesetze sollen durch eine Volksabstimmung bestätigt werden, und die
„Allmacht der Parteien“ soll durch eine „freie Listenwahl“ – eine Form der
Direktwahl – eingeschränkt werden. Die Forderungen sind nicht an sich
rechtsextrem – aber sie sind als Ablehnung einer deliberativen, abwägenden
Demokratie zu lesen. In Grundsatz-Parolen wie „Der Islam gehört nicht zu
Deutschland“ oder der Forderung, das Grundrecht auf Asyl durch ein Recht
auf „die Gewährleistung eines Asylgesetzes“ kann das Programm zudem als
offen verfassungsfeindlich ausgelegt werden.
Die AfD ist anders als die NPD, sie ist ein neues Phänomen am extrem
rechten Rand Deutschlands. Deshalb ist es richtig, sie mit neuen,
differenzierten Blicken zu betrachten. Der Verfassungsschutz ordnet die AfD
bisher nicht als rechtsextrem ein, doch zugleich ist vieles an der Partei
nur Altes in neuer Verpackung.
Die AfD nicht rechtsextrem zu nennen, heißt, diese Unterschiede zu betonen.
Sie in die existierende Schublade des Rechtsextremismus zu stecken, heißt,
ihre Gemeinsamkeiten mit alten Rassisten zu betonen.
19 Jan 2017
## LINKS
DIR [1] https://twitter.com/correctiv_org/status/777172134791614464
DIR [2] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-alexander-gauland-kritisiert-pilger-reisen-von-beamten-und-politiker-nach-mekka-a-1095675.html
DIR [3] /Bjoern-Hoeckes-Dresden-Rede/!5372797
DIR [4] /AfD-Wahlkampf-in-Sachsen-Anhalt/!5278705
DIR [5] /Das-Personal-der-AfD/!5287428
DIR [6] http://www.fr-online.de/politik/kommentar-zu-afd-in-dresden-bjoern-hoecke-gibt-den-nazi,1472596,35089716.html
DIR [7] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2017/bvg17-004.html
DIR [8] https://www.verfassungsschutz.de/embed/vsbericht-2015.pdf
## AUTOREN
DIR Lalon Sander
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