URI: 
       # taz.de -- Wolfsburger Sieg im Bundesliga-Nordderby: „Der perfekte Moment“
       
       > Der VfL Wolfsburg hat das erste Spiel der Rückrunde gegen den Hamburger
       > SV knapp für sich entschieden. Der neue Dribbler des VfL, Paul-Georges
       > Ntep, machte beim 1:0 den entscheidenden Unterschied
       
   IMG Bild: Jubel nach dem Treffer: Neu-Wolfsburger Paul Georges Ntep (rechts) hat ihn ermöglicht
       
       Wolfsburg taz | Jedem neuen Spieler ab einer bestimmten Preiskategorie
       wohnt der Fantraum inne, er könnte derjenige sein, der alles ändert. Diesen
       Gefühlen kann auch das Wissen um den modernen Fußball nichts anhaben. Im
       Gegenteil: Je enger die Spielräume werden, je stärker das Strategiehandwerk
       dominiert, desto größer wird diese autoritäre Sehnsucht nach dem
       omnipotenten Mann, die aber harmlos ist, da sie nicht politisiert wird.
       
       Paul-Georges Ntep ist so ein Spieler. Seine Bundesliga-Laufbahn beim VfL
       Wolfsburg hat er am Samstag furios begonnen – als herausragender Spieler
       beim 1:0 gegen den Hamburger SV im ersten Spiel nach der Winterpause.
       Siegtorschütze war Nationalstürmer Mario Gomez in der 83. Minute, aber
       voraus ging ein großartiges Tempodribbling des linken Flügelspielers Ntep,
       inklusive doppeltem Doppelpass mit dem eingewechselten Borja Mayoral.
       
       „Es war der perfekte Moment“, sagte Ntep. Zwei seiner Sololäufe waren auch
       die Ursache, dass der HSV-Spieler Albin Ekdal die Partei bereits nach einer
       halben Stunde durch gelb-rote Karte verlassen musste.
       
       Dass der 24-Jährige Ntep beim VfL gelandet ist, ist Ergebnis eines
       deutsch-französischen Geschäfts. Kleinere Teile der Ablösesumme für den im
       Winter zu Paris Saint-Germain gewechselten Nationalspieler Julian Draxler
       wurden reinvestiert, um ihn vom französischen Erstligisten Stade Rennes zu
       erwerben.
       
       Seine Bilanz dort: 18 Tore, 15 Assists in 74 Ligaspielen plus zwei
       Länderspiele für Frankreich. Also gehobenes Niveau. Ntep könnte tatsächlich
       der robuste Tempodribbler sein, den der VfL dringend braucht.
       
       Wolfsburg hat nach dem Rausschmiss des zuletzt etwas uninspiriert
       einkaufenden Klaus Allofs offenbar neue Kompetenz für den französischen
       Markt – durch Trainer Valerien Ismaël und dessen neuen Co-Trainer Patrick
       Guillou.
       
       „Pi-Schi“, wie Ismaël Ntep nennt, sei „ein Spieler, der den Unterschied
       macht“. Ntep und der von Mainz gekommene Mittelfeldspieler Yunus Malli sind
       erklärte Wunschspieler Ismaëls, die ihm der neue Manager Olaf Rebbe auch
       binnen kürzester Zeit klarmachte.
       
       Für den HSV hingegen war die Partie gegen Wolfsburg ein gemischter Start in
       die Rückrunde, in der der Verein ein weiteres Mal versucht, dem ersten
       Abstieg aus der Liga zu verhindern.
       
       Heribert Bruchhagen ist jetzt Vorstandsvorsitzender, Jens Todt sein
       Sportdirektor – und Bruchhagen ist berühmt für die Erkenntnis seiner
       Frankfurter Jahre, dass der Personaletat den Tabellenplatz bestimme. Der
       HSV widersetzt sich dieser Regel seit Langem hartnäckig und liegt mit dem
       sechst- bis achthöchsten Etat der Liga auf Relegationsplatz 16.
       
       Der am sechsten Spieltag gekommene Trainer Markus Gisdol hat dem Team aber
       einen ordentlichen Kompaktstil gegen den Ball beigebracht, in dem eigene
       Chancen nur ein seltenes Nebenprodukt der Raumbeherrschung sind. Ekdals
       Feldverweis im Spiel gegen den VfL war der fünfte der Saison. Das ist zwar
       ein Problem, aber auch zu zehnt war der HSV in einem 4-4-1 organisiert
       genug, um den VfL ins Leere passen zu lassen, dem der viele Ballbesitz auch
       gar nicht in den taktischen Kram passte.
       
       Wie es dazu kommen konnte, dass der kühle HSV dann kurz vor Schluss nach
       Ballverlust am gegnerischen Strafraum erstmals nicht mehr genug Leute
       hinter dem Ball hatte, um Nteps Konterlauf zu verteidigen? Letztlich dürfte
       gelten, was HSV-Innenverteidiger Mevrim Mavraj im Kabinengang sagte: „Das
       ist das Schicksal von Mannschaften, die hintenstehen.“
       
       Ansonsten, sagte, Mavraj zu Recht, habe man „sehr, sehr wenig zugelassen“.
       Es gibt also Hoffnung, dass das Team die Gegentorschwemme der ersten
       sechzehn Spiele eindämmen kann.
       
       Der VfL hat dank Nteps perfektem Moment nun dreimal in Folge knapp
       gewonnen. Wenn Wolfsburg am kommenden Samstag auch noch den FC Augsburg
       schlägt, könnte der Klub statt Abstiegskampf gar eine Rückrunde des
       Teamaufbaus hinbekommen.
       
       22 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Unfried
       
       ## TAGS
       
   DIR Fußball-Bundesliga
   DIR VfL Wolfsburg
   DIR FC Bayern München
   DIR Fußball
   DIR Fußball
   DIR Fußball
   DIR Fußball-Bundesliga
   DIR Fußball
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kolumne Pressschlag: Die gemeine Murks-Theorie
       
       Ist die Bundesliga so übel, wie Mario Gomez sagt, oder so fortschrittlich,
       wie Xabi Alonso meint? Gegensätzlicher könnten die Perspektiven kaum sein.
       
   DIR FC Augsburg im Abstiegskampf: Schusterlicher als unter Schuster
       
       Der FC Augsburg befindet sich im freien Fall. Bei der ebenso schwächelnden
       Eintracht aus Frankfurt setzte es eine späte, aber verdiente
       1:3-Niederlage.
       
   DIR Trainerwechsel beim VfL Wolfsburg: Rollensuche in der neuen Realität
       
       Wolfsburg verabschiedet sich vom Spitzenfußball und von der einzigen
       Identifikationsfläche. Eine komplizierte Aufgabe für den neuen Coach.
       
   DIR Trainerwechsel beim VfL Wolfsburg: Gefühlte Perspektivlosigkeit
       
       Beim Fußball-Bundesligisten VfL Wolfsburg hat man den Glauben an Valérien
       Ismaël verloren. Andries Jonker soll nun den Abstieg verhindern.
       
   DIR HSV nach dem Sieg gegen Leverkusen: Der Realismus der Traumtänzer
       
       Der HSV versucht einen Spagat, der an Schizophrenie grenzt: Erzsoliden
       Transfers steht mal wieder ein irres Experiment gegenüber.
       
   DIR Blick hinter die Vereins-Kulissen: „Ich lebe mit dem HSV in Trennung“
       
       Manfred Ertel war Mitglied des Aufsichtsrats beim Fußball-Bundesligisten
       Hamburger SV, bis der seine Profi-Abteilung ausgliederte. Seine Erfahrungen
       reflektierte er in einem Buch.