# taz.de -- Kommentar Hartz-IV-Empfänger: Zu arm zum Sparen
> Bezugnehmer von Hartz IV sollen Geld für größere Anschaffungen horten.
> Eine solche „Spardisziplin“ zu verlangen, ist zynisch.
IMG Bild: Geschenke kaufen kann ein Alptraum sein für Hartz-IV-Empfänger
Wer wissen will, was lebensfremde Bürokratie ist, der braucht sich nur die
Berechnung der Regelsätze im Hartz-IV-Bezug anzuschauen. Da sind jeden
Monat ein paar Euro vorgesehen für Anschaffung und Reparatur von größeren
Haushaltsgeräten, Computern, Handys. Doch dieses „Ansparmodell“ scheitert
am Leben. Das haben jetzt wieder Urteile der Sozialgerichte deutlich
gezeigt.
[1][Das Sozialgericht Cottbus gestand einem Haushalt im Hartz-IV-Bezug zu],
dass eine Schülerin einen Computer brauchte, weil ihr Gymnasium
Hausaufgaben über das Internet verteilte und ganze Lehrgänge online anbot.
Einen Computer zum Preis von 350 Euro kann man nicht mal so eben aus dem
Regelsatz ansparen. Das gilt auch für die 100 Euro Teilnahmegebühr, die ein
Abiturient benötigte, um an der Abifeier der Schule teilzunehmen.
Die Urteile zeigen erstens, welche Geldsummen und Anschaffungen man heute
braucht, um nicht vom Bildungssystem ausgeschlossen zu werden. Und zweitens
wird daran deutlich, wie lebensfremd es ist, von Hartz-IV-Empfängern zu
erwarten, Geld „anzusparen“, um diesen Ausgaben gewachsen zu sein.
Ausgerechnet von Leuten in Armut auch noch eine Spardisziplin zu verlangen,
die auch andere niemals aufbringen könnten, ist zynisch. Viele
Hartz-IV-Empfänger sind hoch im Dispo und zahlen monatlich hohe Zinsen von
ihrem Regelsatz, ohne den Kredit damit jemals tilgen zu können.
Es ist eine Schande, dass eine Schülerin ihre Bildungsmittel einklagen
muss. Die Vorschläge der Wohlfahrtsverbände und der Grünen, einige der
„einmaligen Leistungen“ wieder einzuführen, etwa die Ausstattung mit einem
Internetzugang, mit Brillen, Kühlschränken und Waschmaschinen, gehen daher
in die richtige Richtung. Es wird interessant sein zu beobachten, ob Themen
wie dieses im Wahlkampf überhaupt eine Rolle spielen werden. Oder ob man
sie klammheimlich an die Sozialgerichte delegiert.
24 Jan 2017
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## AUTOREN
DIR Barbara Dribbusch
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