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       # taz.de -- Kolumne Aufgeschreckte Couchpotatoes: Gehn wir in die Pilze!
       
       > Viele schwören darauf: Heilpilze sind Teil alternativer Medizin. Fans
       > können sie übers Netz beziehen oder selber suchen. Eine Pilzwanderung.
       
   IMG Bild: Buchenschleimrübling mit antibiotischer Wirkung
       
       Georg nimmt bei jedem Zipperlein, jeder Grippe, jedem Formtief Heilpilze,
       die er im Netz bestellt. Er schwört darauf. Klein und kompakt, mit seinem
       ausladenden schwarzen Käppi – seinem Wahrzeichen – kommt er mir inzwischen
       vor, als nähme er selbst immer mehr die Gestalt eine Pilzes an. Seine
       Pilzversessenheit interessiert mich.
       
       Dr. Jochen Kurth soll mir mehr über Heilpilze erzählen. Der pensionierte
       Chemiker und passionierte Heilpilzkenner und -vertreiber führt mich an
       einem regnerischen Wintertag in den lichten Laubwald an der Feldberger
       Seenplatte im Osten Mecklenburgs. Das Interesse am Heilpilz steige, sagt
       Kurth, der gerade sein „Heilpilzvademecum“ veröffentlich hat. Auf 262
       Seiten erklärt es die Wirkung der Pilze. „Nur im Laubwald wachsen
       Heilpilze“, sagt er. „Das ganze Jahr und wenn es wie jetzt regnet, sprießen
       sie an Baumstämmen und Ästen oder kommen aus ihrem unterirdischen Reich
       nach oben.“
       
       Mit seinem geschulten Blick entdeckt der Pilz-Wanderführer zuerst
       Birkenporlinge. „Die trug auch der Ötzi vor 5.300 Jahren bei sich. Sie
       haben antibiotische Wirkung.“ Die Pilze wandern in den Beutel. Kurth findet
       auch Austernseitlinge, Gelbstielige Muschelseitlinge – „wohlschmeckende
       Heilpilze“. Also mitnehmen.
       
       Auch die Judasohren, „die Delikatesse aus dem Chinarestaurant, gut gegen
       Tinnitus und Migräne“. Der Goldgelbe Zitterling gleich daneben passe gut zu
       Süßspeisen, sagt Kurth. Außerdem mache er schön und sei ein Aphrodisiakum.
       Auch er muss samt Waldfreund-Rübling mit entzündungshemmender Wirkung in
       den Beutel.
       
       Zu Hause biete ich meinem pilzsüchtigen Freund Georg ein kulinarisches
       Erlebnis. Ein Pilzallerlei. „Niemals“, lehnt er brüsk ab. „Er nehme Pilze
       nur in pulverisierter Form und mit Qualitätskontrolle zu sich. Die Pilze
       landen auf dem Kompost, der Spaziergang war trotzdem sehr aufschlussreich.
       
       21 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Edith Kresta
       
       ## TAGS
       
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